Abschlussarbeit von Blanche Wiot, als PDF lesen
Einleitung
Auf der Suche nach Antworten und Lösungswegen in meinem eigenen Leben bin ich zuerst beim Coaching mit Pferd und später bei der systemischen Aufstellungsarbeit gelandet.
Sowohl die Erfahrungen mit dem Pferd wie auch als Aufstellerin oder als Stellvertreterin haben mich persönlich ein großes Stück weitergebracht. Daraus entstand der Wunsch mich beruflich zu verändern, mit anderen Menschen meine Erfahrungen zu teilen und sie auf ihrem eigenen Weg zu begleiten.
So begann ich die Ausbildung zur Leiterin für systemische Aufstellungen.
Da ich ein eigenes Pferd besitze und die Selbsterfahrung gemacht habe, welche Wirkung die Arbeit mit Pferden/Tieren auf den Menschen hat, begeisterte mich besonders das Modul Aufstellungen mit Pferd.
Bei der Teilnahme an Aufstellungen mit Pferd erkannte ich immer mehr den Mehrwert, das Pferd als Stellvertreter in die Aufstellungsarbeit einzubeziehen.
Im Rahmen der Aufstellungen, die ich als Leiterin selbst leitete, machte ich noch weitere bereichernde Erfahrungen mit meiner Hündin.
Mehrwert der Arbeit mit Tieren
Seit vielen Jahren werden Tiere zu unterschiedlichsten Zwecken, wie tiergestützte Pädagogik und Therapie oder tiergestütztes Coaching, in der Therapie mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und älteren Menschen eingesetzt.
Zum Einsatz kommen Hunde, Pferde, Delfine und Lamas.
Der Mehrwert in der Arbeit mit den Tieren entsteht dadurch, dass die Tiere nicht nach menschlichen Kategorien bewerten, sie nehmen den Menschen so an wie er ist, mit all seinen Schwächen, Gebrechen und Verhalten.
Sie sprechen den Menschen auf der emotionalen Ebene an und reagieren durch ihre Sensibilität auf kleinste Veränderungen in ihrem Umfeld.
Die Tiere sind immer im Hier und Jetzt und sind einfach nur da. Sie geben immer ein ehrliches Feedback. Ausserdem lassen sie sowohl Nähe als auch Distanz zu und erzwingen nichts.
Besonders Pferde und Hunde spiegeln unser Verhalten wieder.
Sie reagieren sehr schnell auf unsere Mimik, unsere Körperhaltung und unser emotionales Befinden.
In der systemischen Aufstellungsarbeit mit dem Pferd nimmt das Pferd die Rolle eines Stellvertreters ein und wir können uns seine Reaktionen zunutze machen.
Mögliche Reaktionen können sein:
Ohren anlegen,
sich aus dem Feld entfernen,
gähnen,
abkauen,
Darmentleerung,
wälzen oder
eine Person wegschubsen, wenn sie nicht am richtigen Platz steht.
Durch viele dieser Reaktionen zeigt uns das Pferd, ob wir auf dem richtigen Weg zur Lösung sind oder ob noch Unklarheiten aufzuarbeiten sind.
Ähnliche Reaktionen zeigen sich in der Arbeit mit dem Hund.
Familienaufstellung
Die Familienaufstellung ist eine Methodik, mit der man die Beziehung zwischen den einzelnen Familienmitgliedern darstellen und dadurch das Familiensystem sichtbar machen kann.
Dabei werden die verschiedenen Familienmitglieder, durch Figuren im Einzelsetting oder durch Stellvertreter im Gruppensetting, räumlich aufgestellt.
Dies gibt dem Klienten die Möglichkeit von aussen auf sein Familiensystem zu schauen und so Muster oder Konflikte zu erkennen, die ihm vorher nicht bewusst oder bekannt waren. Anschliessend können zusammen mit dem Aufstellungsleiter neue Lösungswege dargestellt und erarbeitet werden.
Genogramm
Das Genogramm ist eine grafische Darstellung aller Mitglieder mehrerer Generationen der eigenen Herkunftsfamilie.
Dazu gehören die Eltern, die Geschwister und die Großeltern sowie deren Geschwister.
Bei der Darstellung beginnt man mit dem/der Klienten*in. Auf der horizontalen Ebene werden die Geschwister dargestellt. Auf der Ebene darüber die Eltern und nochmals darüber die Großeltern. Falls nötig kann man noch eine weitere Ebene darüber die Urgroßeltern darstellen.
Das Genogramm kann hilfreich für eine Familienaufstellung genutzt werden, um Informationen aus der Familiengeschichte zu sammeln.
Wichtige Informationen sind:
– Familienstand
– Abtreibungen
– Fehlgeburt/Totgeburt
– Trennungen/Scheidungen
– Stiefeltern
– Geburtstage/Todestage
– Krieg
– Flucht
– Gefangenschaft
– Krankheiten
– Position der Geschwister
– Todesfälle
– Schicksalsschläge
– Tabus
– Liebschaften
– Missbrauch
– Halbgeschwister
– Adoptionen
…
Alle Mitglieder werden durch Symbole dargestellt.
– Männlich: Quadrat
– Weiblich: Kreis
– Anordnung Eltern: Männer links, Frauen rechts
– Reihenfolge Geschwister: ältestes Kind links, jüngstes Kind rechts
– Verbindungen: Ehe durchgezogene Linie, eheähnliche Beziehung gestrichelte Linie – – – –
– Verstorben: Kreuz X
– Geschlecht unbekannt: Dreieck
Abbildung 1: Genogramm Beispiel von Symbolen
Exemplarische Aufstellungen
Beispiel 1
Das Vorgespräch
Frau P. kommt zur Aufstellung mit Pferd.
Sie ist 36 Jahre alt, verheiratet und hat 2 kleine Kinder (6 und 4 J.). Sie ist halbtags berufstätig. Bei ihr wurde vor 10 Jahren Multiple Sklerose festgestellt. Durch ihre positive Einstellung und regelmäßigen Sport lebt sie sehr gut mit der Krankheit. Sie geht sehr achtsam mit sich selbst und ihrer Umwelt um.
Sie hat folgendes Anliegen:
Ihr Vater ist erst Anfang 60 und schwer erkrankt: Diabetes, Leberzirrhose und Herzinsuffizienz. Es ist absehbar, dass er nicht mehr sehr lange zu leben hat. Sie kommt nicht damit klar, dass ihr Vater sich nicht um sich selbst sorgt, nicht auf seine Gesundheit achtet und nicht über seinen Zustand spricht.
Ihre Mutter verhält sich auch sehr teilnahmslos.
Es gibt dauernd Diskussionen, weil sie sich verantwortlich fühlt. Sie hat dauernd das Gefühl der Ohnmacht.
Sie wünscht sich gelassener zu werden und wieder ihre innere Ruhe zu finden.
Anschliessend erstellen wir das Genogramm, um noch weitere Informationen zu erhalten.
