Veränderungsprozess einer Unternehmenskultur

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Ausgangslage

Seit Januar 2018 bin ich in der deutschen Tochtergesellschaft eines japanischen Konzerns tätig.

Heute, nach mehr als drei Jahren im Unternehmen, weiß ich, dass ich zu Beginn einen heftigen Kulturschock erlitten habe und damit zusammenhängende Erlebnisse Auslöser für meine heutige Tätigkeit waren.

Ich war es gewohnt, im Team zu arbeiten.

Gemeinsame Ziele vor Augen zu haben, lösungsorientiert zu handeln, wertschätzend miteinander umzugehen, Interesse aneinander zu haben und neben der vielen Arbeit auch zusammen zu lachen.

Von heute auf morgen – mit dem Start im neuen Unternehmen – gab es all das nicht mehr. Genau das, was bis dato zu meiner Erfüllung im Berufsalltag beigetragen hatte.

Eine für mich persönlich sehr unzufrieden stellende Zeit, die dazu geführt hat, andere Themen im Unternehmen in den Fokus zu nehmen, als die, für die ich anfänglich eingestellt wurde.

Was bis heute gelebt wird, ist eine Kultur, in der Obrigkeitshörigkeit vorherrscht und Führungskräfte ihre Mitarbeiter weder nach ihrer Meinung fragen, noch sie weiterentwickeln. Auch die Führungskräfte selbst agieren weder frei noch entsprechend ihrer eigenen Ansichten, man hat den Eindruck, manchen Führungskräften ist ihre Position und auch nicht die Tragweite ihrer Verantwortung bewusst.

Begründet werden kann dies zum einen damit, dass

Führungskräfte in der Vergangenheit aufgrund ihrer fachlicher Kompetenz Führungsverantwortung übertragen bekommen haben ohne jegliche Schulung oder Unterstützung zu erhalten.

Zum anderen erklärt die sehr lange Betriebszugehörigkeit vieler Mitarbeiter den Status quo. Jahrzehnte lang waren sie es gewohnt, einen autoritären Führungsstil zu erfahren und selbst zu entwickeln.

Kein Wunder, gelingt es dem neuen Geschäftsführer nur schwer, einen anderen Stil im Unternehmen zu etablieren.

Genau hier setzt das Vorhaben an, mithilfe von Systemischen Methoden eine Veränderung in der Unternehmenskultur zu bewirken.

Welche Ausgangssituation ist gegeben?

Was ist der Status quo, mit wem haben wir es aktuell im Unternehmen zu tun?

Unter den Führungskräften ist folgende Gruppe in den Vordergrund zu stellen:

    1. Langjährige Führungskräfte, die aus einer fachlichen Karriere heraus disziplinarische Verantwortung erhalten haben.
      In der Vergangenheit wurde versäumt, diesen Führungskräften Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten.
      Ich musste erschreckend feststellen, dass Kollegen nach über 20 Jahren im Unternehmen zum ersten Mal an einem Seminar teilgenommen haben, welches Themen der Persönlichkeitsentwicklung im Fokus hatte.
      Bei diesen Führungskräften ist Obrigkeitshörigkeit sehr stark ausgeprägt. Verstärkt wurde und wird dies durch die japanische Kultur, in der das Gesicht des Anderen zu wahren oberste Priorität hat.

Neben der geschilderten Gruppe an Führungskräften, sind zwei Gruppen von Mitarbeitern ausschlaggebend:

    1. Mitarbeiter mit sehr langer Betriebszugehörigkeit, die die Vorzüge des Familienunternehmens zu schätzen wissen.
      Die Mehrheit dieser Mitarbeiter ist zufrieden.
      Sie erinnern sich zwar wehmütig an die Vergangenheit, in der das Unternehmen kleiner war und der Mensch mehr gezählt hat. Doch auch heute sehen Sie das langjährige Miteinander unter den Kollegen in derselben Abteilung und einzelne Annehmlichkeiten als vorteilhaft an.
      Sie finden sich mit der Situation ab, sie haben weder Anlass, noch Antrieb, etwas zu verändern.
    2. Mitarbeiter, die im letzten Jahrzehnt ins Unternehmen gekommen sind und die Strukturen als veraltet sowie starr ansehen.
      Mitarbeiter, die viel erwarten, mit anderen Unternehmen vergleichen, jedoch ihre eigene Meinung öffentlich zurückhalten.
      Sie verbreiten tendenziell Unzufriedenheit.

Weitere Gruppierungen von Führungskräften und Mitarbeiter sind im Unternehmen vertreten, doch sie sind aufgrund der kleineren Zahl Zugehöriger weniger relevant für die Berücksichtigung in dieser Ausarbeitung.

Persönlicher Antrieb

Mein gesamtes Berufsleben lang schätze ich mich glücklich, einer Tätigkeit nachzugehen, die mich erfüllt.

Genau das machen zu können, was mir Spaß bereitet und worin ich meine Talente ausleben kann. Doch nicht nur die Arbeit macht mich glücklich, für mich gehört ein Miteinander dazu.

Ein respektvoller Umgang, gemeinsame Aktivitäten und der Blick auf gesteckte Ziele, zu deren Erreichung jeder seinen Beitrag leistet.

Das abteilungsübergreifende Miteinander fehlt und es fällt mir schwer, das zu akzeptieren. Ich bin überzeugt davon, dass ein Miteinander die Grundvoraussetzung dafür ist, erfolgreich zusammen zu arbeiten und Großes zu erreichen.

Glücklicherweise stoße ich mit meiner Ansicht auf Zuspruch und habe die Möglichkeit, mit gezielten Maßnahmen die Veränderung der Kultur im Unternehmen voranzutreiben.

Erste Versuche und Erkenntnisse

Die große Gruppe an Mitarbeitern, die tendenziell zufrieden sind im Unternehmen, ist relativ leicht abzuholen, wenn Emotionen reaktiviert werden, die in der Vergangenheit zum Wohlfühlen bei der Arbeit beigetragen haben und solange bekannte Strukturen gewahrt bleiben.

Beispielweise Firmenfeste kreieren ein „wir-Gefühl“.

Miteinander zu feiern und Spaß zu haben trägt dazu bei, den Büroalltag angenehmer zu gestalten.

Solange diese Mitarbeiter sich in ihrer Komfortzone befinden, sich in der Masse wohlfühlen und Probleme des Alltags recht schnell hinter sich lassen können, sind sie zufrieden und Mitläufer.

Mit Annehmlichkeiten rennt man bei ihnen offene Türen ein. Sie zeigen sich dankbar.

Kommt man allerdings in die Situation, persönliche Meinungen dieser Masse zu erhalten, oder zu individuellen Handlungen aufzurufen, tritt Unsicherheit auf.

Aus der sonst überwiegend respektvollen und warmherzigen Atmosphäre wird eine kühle Stimmung. Sofort ist zu spüren, dass sich die Mitarbeiter unwohl fühlen und nicht aus ihrer Komfortzone herausgehen.

Aufgefallen ist mir dies bei dem Versuch, Pausen für die Mitarbeiter abwechslungsreicher zu gestalten. Weder Tischtennisplatten, noch Tischkicker oder Grills werden angenommen.

Und falls doch, dann nur in den in der Vergangenheit gültigen Pausenzeiten – keine Minute versetzt oder ausgedehnt – selbst wenn diese Zeiten keine Gültigkeit mehr haben.

Oder wenn Mitarbeiter aktiv eingeladen werden, in ihrer Pause zu grillen. Dann bewegen sie sich in der Masse, können nicht unangenehm auffallen und treten nicht hervor.

Sowohl Mitarbeiter, die ihren Vorgesetzten das Wort überlassen, als auch Führungskräfte, die ihre eigene Meinung vor ihren Chefs zurückhalten, machen das Bild im Unternehmen aus.

Festzustellen war dies auch bei dem Versuch, mit dem zweiten Level im Führungsteam an der Unternehmensvision zu arbeiten. Sie vermissten den Geschäftsführer in diesem Kreis, wiederholten ihre Aussage, ihr Chef solle Ansagen machen.

Es wird deutlich, dass zum Wandel der Unternehmenskultur eine veränderte Haltung nötig ist.

Es gilt, ein Verständnis zu erzeugen, dafür, dass Meinungen erwünscht sind und Diskussionen jeden Einzelnen und das gesamte Unternehmen weiterbringen.

Unabhängig von der hierarchischen Stufe im Unternehmen ist es unabdingbar, einen Meinungsaustausch zu etablieren und ihn als wertvoll anzusehen.

Zielsetzung

Ziel ist es, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die in hohem Maße zum Unternehmenserfolg beiträgt; gemeinsam Höchstleistung zu erbringen.

Dazu ist das Erreichen einiger Unterziele, insbesondere mit folgender Haltung, erforderlich:

○ Haltung kreieren, in der man sich selbst ersetzbar macht und andere im Wachsen unterstützt

○ Sich selbst nicht so wichtig nehmen

○ Talente dort einsetzen, wo sie den größten Beitrag erzielen

○ Dialoge und Diskussionen als wertvoll ansehen

○ Meinungsaustausch fördern

○ Feedback einholen und geben

○ Fehlerkultur etablieren

○ In Teams arbeiten, abteilungsübergreifend

○ Erfolge teilen und sie gemeinsam feiern

○ Lockerheit leben

○ Intrinsische Motivation erzeugen

Die Anzahl der internen Mutmacher steigern und Miesmacher in Mitmacher umwandeln.


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