Resiliente Teams

Was macht Teams stark?

Abschlussarbeit von Simone Richert, als PDF lesen


Einleitung

Warum können manche Menschen mit herausfordernden Situationen oder Phasen wie zum Beispiel einer hohen Arbeitsbelastung oder privaten Schicksalsschlägen besser umgehen können als andere? Und warum kommen sie zum Teil sogar gestärkt aus diesen Phasen heraus?

Die dahintersteckende Fähigkeit wird als Resilienz bezeichnet. Menschen mit einer hohen Resilienz sind besonders widerstandsfähig und somit in der Lage, trotz widriger Umstände ein selbstbestimmtes Leben führen. Studien und Forschungsergebnisse zeigen, dass es sich bei Resilienz nicht um eine angeborene Fähigkeit handelt, sondern diese trainierbar ist.

Auch wenn der Begriff der Resilienz zunächst oft im Zusammenhang mit Einzelpersonen genannt wird – die Kompetenz ist auch auf Teams und Organisationen übertragbar. Es stellt somit ein relevantes Thema insbesondere auch für die Berufswelt dar. Denn nicht nur Einzelpersonen sind Stress und herausfordernden Phasen ausgesetzt, sondern auch Teams und ihre Organisationen. Sie sind im Umgang mit solchen Situationen unterschiedlich gut aufgestellt und können sich genauso wie Individuen entwickeln, um resilienter zu werden.

Um den Themenkomplex der „Teamresilienz“ näher zu beleuchten, werden in der vorliegenden Abschlussarbeit nach einer kurzen Einführung in die Themen „Resilienz“ und „Resilienzfaktoren“ einige Modelle vorgestellt, anhand derer sich erläutern lässt, was Teams resilient, also stark und widerstandsfähig macht. Diese Modelle bieten außerdem Ansätze, wie die Teamresilienz, beispielsweise im Rahmen von Team-Coachings, weiterentwickelt werden kann.


Resilienz – eine Definition

Was verbirgt sich hinter Resilienz?

Der Begriff Resilienz hat seinen Ursprung im lateinischen Wort „resilire = abprallen, zurückspringen“ und steht für die „psychische Widerstandskraft“ sowie die „Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen“ (Duden, 2023).

Laut dem Mainzer Leibniz-Institut für Resilienzforschung wird psychologische Resilienz als „Ergebnis […] einer guten psychischen Gesundheit trotz Belastungen, also als die Aufrechterhaltung oder rasche Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während und nach schwierigen Lebensphasen“ bezeichnet. Sie ist kein „festes Charaktermerkmal“. Vielmehr wirkten verschiedene Faktoren („Resilienzfaktoren“) positiv auf die Widerstandskraft des Menschen (vgl. (Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) gGmbH, 2023)).

Dass sich verschiedene Faktoren auf Resilienz auswirken und dass Resilienz veränderbar ist, zeigt bereits eine ältere bekannte Studie der Resilienzforschung, die hier beispielhaft erwähnt werden soll.

Es handelt sich hierbei um die Kauai-Studie von Emmy Werner. Die amerikanische Psychologin beobachtete im Rahmen ihrer Studie über 40 Jahre lang die Entwicklung von knapp 700 Kindern des Geburtsjahrgangs 1955 auf der hawaiianischen Insel Kauai. 30 Prozent der Kinder wuchs unter sehr schwierigen Umständen, wie zum Beispiel Armut, psychischer Erkrankung der Eltern oder anderer familiärer Belastungen auf. Trotzdem entwickelte sich ein Drittel dieser 30 Prozent sehr positiv und schaffte es, im Erwachsenenalter ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Die benachteiligenden Strukturen, in die die Kinder hineingeboren worden waren, führten demnach nicht zwangsläufig zu einer negativen Entwicklung.

Werner führte dies auf sogenannte Schutzfaktoren zurück, die für diese Kinder im Sinne einer positiven Entwicklung ausschlaggebend waren. Die Schutzfaktoren sind dabei individuell und sozialer Natur, wie Werner herausfand: Positiv wirkte sich zum Beispiel eine enge Beziehung zu mindestens einer Person außerhalb der eigenen Familie, die als Vorbild angesehen wurde, aus. Auch eine Bezugsperson innerhalb der eigenen Familie, zu der eine enge Bindung aufgebaut werden konnte, wirkte förderlich.

Des Weiteren zeigten Kinder mit einer positiven Entwicklung einen eher ruhigen, offenen und positiven Charakter auf. Außerdem wurden sie während ihrer Kindheit, beispielsweise durch die Übernahme von Verantwortung, gefordert. (vgl. (Huber, 2019, S. 4-5) sowie (Kuss, 2004)) Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass sich einige der Kinder, die im Kindesalter nicht resilient waren, als Erwachsene Resilienz aufzeigten. Werner schlussfolgerte daraus, dass Resilienz erlernbar und persönliche Entwicklung als dynamischer Prozess zu verstehen ist. (vgl. (Huber, 2019, S. 4-5) sowie (Kuss, 2004))

Dies wird durch aktuelle Aussagen von Resilienzforschern bestätigt. Donya Gilan, Leiterin der Resilienz-Ambulanz am Mainzer Leibniz-Institut für Resilienzforschung, sagt:

„Resilienz ist formbar. […] Viele glauben nicht daran, dass sie etwas ändern können, sie fühlen sich erschöpft und hilflos. Wir zeigen ihnen, dass sie Tiefpunkte überwinden und neue Kraft entwickeln können – wenn sie an sich arbeiten und aktiv werden.“ (Minner, 2023)

In der Resilienz-Ambulanz werden von Psychologen entwickelte Workshops und Coachings angeboten, in denen Teilnehmende lernen, wie sie ihre psychische Widerstandsfähigkeit verbessern und dadurch insgesamt ihre Lebensqualität steigern können.


Resilienzfaktoren: Das Modell „7 Schlüssel der Resilienz“

In Forschung und Literatur lässt sich eine ganze Reihe von Modellen finden, die sich mit Resilienzfaktoren, also Faktoren, die positiv auf die Widerstandskraft des jeweiligen Menschen einzahlen, befassen. Anhand dieser Modelle kann Resilienz, beispielsweise im Rahmen von Coachings, gezielt trainiert werden, indem die einzelnen Faktoren gestärkt werden.

Stellt man die Modelle einander gegenüber, fällt auf, dass sich die in den Modellen aufgeführten Faktoren, wie z.B. eine positive oder optimistische Grundeinstellung, gute persönliche Beziehungen, Selbstwirksamkeit und Lösungsorientierung, ähneln oder wiederholen.


Resilienz-Trainer und Leiter der Resilienz Akademie Sebastian Mauritz unterteilt die wesentlichen Faktoren in vier Kategorien. Diese nennt er die „vier Stützpfeiler“ (vgl. (Mauritz, 2023)):

1. Interaktionale Fähigkeiten: Menschliche Nähe und Zusammenhalt

2. Kognitive Fähigkeiten: eine Form der Zukunftsorientierung, überwiegend mit dem Fokus auf Lösungen

3. Emotionale Stabilität: gesunder Optimismus „Resiliente Teams – Was macht Teams stark?“ von Simone Richert 5

4. Selbstwirksamkeit bzw. Selbstbewusstsein


Sie geben einen guten Überblick über das, was für Resilienz bzw. die Entwicklung dieser essentiell zu sein scheint. Ein Modell, welches einen etwas detaillierteren Aufschluss über Faktoren für die Ausbildung von Resilienz gibt und welches in der hier vorliegenden Arbeit beispielhaft vorgestellt werden soll, ist das Modell „Die sieben Resilienz-Schlüssel“. Es findet häufig Anwendung in Zusammenhang mit Resilienzcoaching und auch die vier Stützpfeiler werden über die aufgeführten Resilienz-Schlüssel abgedeckt:

Was also wirkt sich positiv auf die seelische Widerstandskraft aus? Und was ist trainierbar?

Resilienz-Coachin Prof. Dr. Heller arbeitet zum Beispiel mit diesem Modell. Ihrer Ansicht nach sind alle sieben Schlüssel von der Wertigkeit her gleich wichtig. Im Zusammenspiel können sie eine positive Wechselwirkung erzeugen. Die Schlüssel sind abhängig von Erfahrung, Persönlichkeit, Erziehung unterschiedlich stark ausgeprägt und stellen, wie bereits oben erwähnt, keine festen Charaktereigenschaften dar. Sie können durch spezielle Übungen trainiert werden.

Im Rahmen von Coachings werden beispielsweise individuelle Stärken und Ressourcen, die auf den jeweiligen Resilienz-Schlüssel einzahlen, identifiziert. Daraus werden Handlungsstrategien entwickelt, die im beruflichen und/oder privaten Alltag angewendet werden können. So wird der jeweilige Resilienz-Schlüssel gestärkt und insgesamt eine höhere seelische Widerstandsfähigkeit bei dem Coachee erwirkt. (vgl. (Prof. Dr. Heller, 2017))


Resilienz in Organisationen und Teams

Ähnlich wie Einzelpersonen sind auch Unternehmen und Organisationen sowie ihre Teams1 unterschiedlich gut aufgestellt, um mit Herausforderungen und Phasen hoher Belastung oder Unsicherheit umzugehen. Ein möglichst flexibler und souveräner Umgang damit sowie die Fähigkeit, als Team oder Organisation gestärkt aus solchen Phasen herauszugehen, steht für eine hohe organisationale bzw. eine hohe Teamresilienz und kann als wichtige Kompetenz moderner Organisationen und Teams bezeichnet werden.

Resiliente Teams sind leistungs- und widerstandsfähiger und arbeiten effizient und erfolgreich zusammen, auch in kritischen Zeiten. (vgl. (Prof. Dr. Heller, 2017)


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Quellen bis hierher
1 In diesem Zusammenhang wird unter dem Begriff Team eine Gruppe von Personen verstanden, die an der
Erreichung eines gemeinsamen Ziels arbeitet. Es kann zum Beispiel ein Projektteam sein, das lediglich für einen
gewissen Zeitraum zusammenarbeitet oder aber auch ein dauerhaft bestehendes Team, beispielweise als
Untereinheit einer Abteilung.