Parallelitätsthese und Metapher des inneren Teams

Abschlussarbeit von Nina Grothaus, als PDF lesen


Konflikte in Teams und deren Bewältigung lassen sich als Metapher auch auf innere Dynamiken im Fühlen und Denken eines Menschen übertragen. Friedemann Schulz von Thun hat die Metapher des inneren Teams als Parallelitätsthese so formuliert:

„Die innere Dynamik im Seelenleben des Menschen entspricht in weiten Teilen der Dynamik, wie sie sich in Gruppen und Teams ereignet.“

und weiter:

Das Geheimnis für ein produktives Arbeits- und Seelenleben (mit Effektivität nach außen und gutem „Betriebsklima“ nach innen) liegt im gelungenen Zusammenspiel von kooperativer Führung und Teamarbeit.
(„Miteinander reden 3, Schulz von Thun)

Bei der Arbeit mit dem inneren Team werden alle Mitglieder beachtet und in Sie hineingefühlt, es wird formuliert, was deren Anliegen, Sorgen oder Wünsche in Bezug auf das jeweilige Thema am besten ausdrückt.

Alle inneren Anteile haben eine Aufgabe, gerade auch jene, die erstmal negativ erscheinen, welche die man am liebsten loswerden möchte. Es ist wichtig, diese anzuerkennen, deren positive Absicht zu erkennen. Auch diese Anteile gehören zu uns, ob es uns gefällt oder auch nicht, daher ist es wichtig, Sie in dem Teamdialog miteinzubeziehen und wertschätzend hinzuschauen.

Mitglieder des inneren Teams

Oberhaupt

Das Oberhaupt ist diejenige Person, die das Team zur Besprechung ruft, also der Klient selbst.

Das Ziel ist es, das Oberhaupt auf konstruktive Weise mit der inneren Vielfalt in Kontakt zu bringen.

Das Oberhaupt hat die Aufgabe alle teilnehmenden Teammitglieder kooperativ zu führen, alle Meinungen und Botschaften der Einzelnen wertschätzend und wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen. Denn jedes Teammitglied hat eine positive Absicht, egal ob es sich kritisch, zögernd, ablehnend oder verhindernd verhält.

Sind die einzelnen Argumente bekannt, kann das Oberhaupt einen Zusammenhang erstellen und eine Klärung unterstützen.

Teammitglieder

Die Teammitglieder unterscheiden sich in ihrer Präsenz und Intensität.

Die sogenannten Stammspieler sind die Präsentesten und bestimmen häufig die Außenwirkung eines Menschen.

Die Außenseiter sind häufig Gegenspieler zu den Stammspielern und kommen oft nicht zu Wort, ihre Stimmen werden gerne verbannt und nicht anerkannt.

Die feindlichen Antagonisten vertreten gegensätzliche Ansichten und stehen somit im Konflikt zueinander.

Die Spätmelder kommen häufig erst Stunden / Tage später zum Vorschein, dafür dann aber umso lauter und heftiger.

Die leisen Zaghaften melden sich oft nur nach Ausschalten des alltäglichen Grundrauschens, wenn wir innehalten.

Der Wächter versucht, andere Stimmen zu unterdrücken. Er möchte unangenehme Stimmen am liebsten verbannen „So darf man nicht sein!
Das kann zu heftigen inneren Konflikten führen und dem Oberhaupt sehr zu schaffen machen.

Die Widersacher sind kontraproduktiv, da sie das Oberhaupt herabsetzen und auf empfindliche Punkte abzielen. Obwohl sie eher zerstörerisch wirken und anstrengend sind, können sie ursprünglich gute Absichten verfolgen, daher können wertvolle Botschaften hinter dem Verhalten stecken, die es zu erkunden lohnt.

Vorgehensweise und Schritte

1. Vorbereitung

Eine Sitzung dauert häufig 60 bis 90 Minuten.

Zur Visualisierung des inneren Teams benötigt man Stifte und Papier. Bei kleiner Blattgröße ist es von Vorteil, die jeweiligen Teammitglieder vorzuzeichnen, auszuschneiden und im Prozess auf Tisch oder Boden zu verschieben.

Auch Arbeiten am Flip-Chart oder Whiteboard ist gut möglich.

Auf der Internetseite coachingspace.net besteht auch die Möglichkeit, das Innere Team online aufzustellen.

2. Erläutern des Modells

Sofern dem Klienten das Modell nicht bekannt ist, werden zunächst die Grundlagen erläutert (siehe Parallelitätsthese).
Anhand eines Beispiels können das weitere Vorgehen und die nächsten Schritte geklärt werden.

3. Situationsbeschreibung

Bevor es dann losgehen kann, ist es sinnvoll, die Situation / Problem nochmal kurz zusammenzufassen.

▪ Was genau soll geklärt werden?

▪ Geht es um eine wichtige Entscheidung?

▪ Oder ein bestimmtes Verhalten?

▪ Stehen mehrdeutige Einstellungen zu bestimmten Themen im Fokus?

Je nach Thema sind unterschiedliche Teammitglieder zu erwarten.

Benennung der inneren Teammitglieder

Das Oberhaupt (Klient) benennt nun wichtige Aspekte, Werte, Gefühle und Persönlichkeitsanteile, die für die jeweilige Situation eine Rolle spielen.

Jeder Gesichtspunkt wird durch ein Teammitglied vertreten.

Jedes Mitglied wird durch ein Strichmännchen oder Symbol skizziert und bekommt einen Namen mit dazugehörigem Schlüsselsatz.

Häufig auftretende Mitglieder sind zum Beispiel Kritiker/in, Ängstliche, Antreiber/in, Perfektionist/in, Einsame, Misstrauische/r…

Die Teamsitzung

Jetzt werden schon einige Teammitglieder dabei sein, es kann aber auch noch erweitert werden. Denn die Spätmelder wie auch die leisen Zaghaften kommen häufig erst später dazu und werden präsent.

Ziel der Sitzung ist es, genauer darauf zu hören, was die einzelnen Mitglieder zu sagen haben. So kommen tiefergelegene Gedanken und Absichten an die Oberfläche.

Sobald die wichtigsten Teammitglieder benannt sind, erfolgt die Draufsicht.

▪ Was fällt auf?

▪ Wer ist sehr präsent und steht vorne?

▪ Welche Mitglieder haben das Sagen?

▪ Wer würde gerne mehr gehört werden?

▪ Wer hält sich eher zurück?

▪ Wer kann sich mit wem verbünden?

▪ Wertschätzung aller Teammitglieder:

▪ Was ist an Ihnen positiv?
▪ Wo haben sie bereits geholfen und unterstützt?

▪ Wo liegen die Konflikte oder Widersprüche?

▪ Gibt es Teammitglieder, die sich gegenseitig besonders im Weg stehen?

▪ Welches Teammitglied braucht man mehr oder weniger zur Klärung der Situation?

Lösungsideen

Die Selbstklärung wird oft schon durch die Visualisierung des Teams angeregt.
Das Oberhaupt kann Regie führen (mit Unterstützung vom Coach):

▪ Welche Mitglieder sollen näher betrachtet werden?

▪ Welches Teammitglied braucht es zur Klärung der Situation?

▪ Welche Mitglieder müssen sich untereinander austauschen?

▪ Was braucht es, den Konflikt untereinander zu lösen?

▪ Wer sollte lauter oder leiser werden?

▪ Wer kann vermitteln?

▪ Wie kann das Team besser zusammenarbeiten?

Darauffolgend bittet der Coach den Klienten sich das Gesamtbild seines inneren Teams zu betrachten:

▪ Was fällt auf?

▪ Hat sich schon etwas hinsichtlich des Themas verändert?

▪ Welche Erkenntnisse nimmt er mit?

Mit dem Bild des inneren Teams soll der Klient in den darauffolgenden Tagen beobachten, was sich daraus entwickelt.

▪ Ist der innere Dialog ruhiger geworden?

▪ Sind noch Stimmen (Spätmelder) dazugekommen?

Das kann in einem folgenden Coaching nochmal besprochen und reflektiert werden.


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Literatur

Miteinander reden: 3 Friedemann Schulz von Thun
https://www.christianhmeyer.de/arbeiten-mit-dem-inneren-team-grundlagenund-vorgehensweise/
https://karrierebibel.de/inneres-team/
https://www.inneres-team.de/frau-en-detail