Ikigai

Der Grund, wofür es sich zu leben lohnt

Abschlussarbeit von Özge Ezer, als PDF lesen


Zusammenfassung

Ikigai (japanisch 生き甲斐) bedeutet übersetzt Lebenssinn beziehungsweise der Grund, wofür es sich zu leben lohnt (Mogi, 2017).

Es ist ein fester Bestandteil des japanischen Lebensstandards und Untersuchungen zeigten auf, dass es große Wirkungen auf die Lebenszufriedenheit und die Lebenserwartung vieler Japaner hat (Sone T., Nakaya N, Ohmori K, et al., 2008).

Da Anliegen bzw. Fragestellung bezüglich des Themas „Sinn“ im systemischen Coaching bearbeitet werden können, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, wie mithilfe von Interventionen aus dem systemischen Coaching, Klienten unterstützt werden können ihr „Ikigai“ im beruflichen Kontext zu finden.

Dazu wird das Venn Diagramm von Marc Winn herangezogen, welches in seinen Kreisen die folgenden Bereiche abbildet:

• Was du liebst
• Worin du gut bist
• Wofür du bezahlt werden kannst
• Was die Welt braucht

Nachdem die Prinzipien des systemischen Coachings und die Bedeutung des Ikigai näher erklärt werden, werden mögliche Interventionen dargestellt, die im systemischen Coaching zur Erschaffung eines Ikigai im beruflichen Kontext eingesetzt werden können.

Was ist Systemisches Coaching?

Laut der International Coach Federation (ICF), einer der größten internationalen Coachingverbände der Welt, wird Coaching folgendermaßen definiert:

Coaching is partnering with clients in a thought-provoking and creative process that inspires them to maximize their personal and professional potential
(ICF, 2015).

Ins Deutsche übersetzt bedeutet dies, dass Coaching eine Begleitung von Klienten darstellt, die ihnen in einem zum Nachdenken anregenden und kreativen Prozess dazu verhilft, ihr persönliches und berufliches Potenzial zu maximieren.

Dabei ist es wichtig hervorzubringen, dass Coaching keine Beratung im eigentlichen Sinne ist.

Wie Radatz (2006) es beschreibt, kann Coaching als eine „Beratung ohne Ratschlag“ aufgefasst werden. Es geht hierbei insbesondere um einen Prozess, der dem Klienten Hilfe zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung ermöglicht.

Dem Coaching unterliegen verschiedene Ansätze. Eines der Ansätze, die in Deutschland stark verbreitet ist, ist der systemische Ansatz.

Ein System beschreibt ein aus einzelnen Teilen beziehungsweise Komponenten bestehendes Ganzes, wobei die Einzelteile in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinanderstehen und sich gegenseitig beeinflussen (Radatz, 2006).

Im Systemischen Ansatz wird daraus resultierend der Mensch als ein Teil eines ganzen Systems wahrgenommen.

Er wird in Zusammenspiel mit allen weiteren Teilen dieses Systems betrachtet. Somit liegt im Coaching der Fokus auf den verschiedenen Teilen eines Systems und deren gegenseitige Beeinflussung (Radatz, 2006).

Abbildung 1: Mögliche Systeme eines Klienten

Systemisches Coaching kann von verschiedenen Klienten in unterschiedlichen Settings in Anspruch genommen werden.

So kann Coaching in Organisationen, Gruppen, Familien, Partnerschaften oder im Einzelsetting eingesetzt werden. Da sich diese Abschlussarbeit auf das Coaching im Einzelsetting fokussiert, wird im weiteren Verlauf ausschließlich auf dieses eingegangen.

Phasen und Funktionsweise von Coaching

Im Folgenden werden die Phasen des Coachings grob dargestellt und auf die Funktionsweise näher eingegangen. Alle Aussagen in diesem Abschnitt beruhen auf die in der Ausbildung bei InKonstellation gelehrten Inhalte sowie dem Skript, das den Auszubildenden zur Verfügung gestellt wurde.

Das Coaching beginnt zuallererst mit einem ersten Kennenlernen, gefolgt von dem Beschreiben des Anliegens seitens des Klienten und der Ziel- und Auftragsklärung.

Nachdem der Coach das Anliegen des Klienten erfasst hat, formuliert der Klient sein eigenes Ziel, welches er durch das Coaching gerne erreichen möchte.

Mit der Auftragsklärung werden die Erwartungen und Wünsche des Klienten an den Coach festgehalten, um den Prozess bestmöglich zu unterstützten. Steht das Ziel und der Auftrag des Klienten fest, geht es weiter mit der Situationsanalyse.

Der Coach ist bestrebt mithilfe von systemischen Fragen und verschiedenen Interventionen die gewünschte Veränderung im Klienten hervorzurufen, sodass er sein festgelegtes Ziel erreichen kann.

Ist das Ziel erreicht, kommt es schließlich zu einem Abschluss und einer Evaluation des Coaching-Prozesses.

Die Anwendungsbereiche von Coaching können den beruflichen als auch den privaten Kontext des Klienten umfassen. Es können alle möglichen Themen und Probleme mit Coaching angegangen werden.

Ausgenommen sind psychische Störungen, die ausschließlich mit einer Psychotherapie behandelt werden sollten.

Die besondere Funktion eines Coachings ist es, dass in dem Prozess für den Klienten ein Raum zur Reflexion eröffnet wird. Der Klient wird unterstützt sich selbst und das Problem zu reflektieren und dadurch neue Handlungsmöglichkeiten für sich zu erarbeiten, um sein Ziel zu erreichen. Der Coach hat hierbei die wichtige Aufgabe, den Klienten zu einer lösungsorientierten Reflexion zu führen, sodass der Klient nicht ins Grübeln und in eine sogenannte „Problemtrance“ verfällt. Durch systemische Fragen und Interventionen schafft es der Coach dem Klienten einen möglichen Perspektivwechsel zu bieten und bereits bestehende Ressourcen, Stärken und Potenziale hervorzubringen und zu aktivieren.

Mögliche Anliegen, die mit Coaching behandelt werden können, sind unter anderem folgende Themenbereiche:

Konfliktsituationen – Es gibt innere oder äußere Konflikte, die der Klient nicht lösen kann.

Stresssituation – Der Klient steht unter Belastung, aber weiß nicht wie er damit umgehen oder eine Entlastung schaffen kann.

Entscheidungsschwierigkeiten – Der Klient muss eine Entscheidung treffen, aber weiß nicht welche.

Selbstreflexion – Der Klient möchte Klarheit z.B. über eigene Stärken und Potenziale oder eigene Bedürfnisse.

Neuorientierung – Es steht ein Veränderungsprozess an, bei dem sich der Klient eine Begleitung wünscht, um sich in seiner neuen Rolle, dem neuen Job, der neuen Umgeben oder den neuen Gegebenheiten besser einzufinden.

Dies waren nur einige Beispiele darüber, welche Fragestellungen in einem Coaching behandelt werden können. Noch viele weitere Themen können Platz in einem Coaching finden.

Ausgenommen sind Themen/Anliegen, die mit einer psychischen Störung einhergehen und demnach einer Psychotherapie bedürfen.

Sinn als Thema im Coaching

Ein weiteres Thema, das im Coaching bearbeitet werden kann, ist das Thema „Sinn“.

Mit der Sinnfrage beschäftigt sich vermutlich jeder Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt in seinem Leben.

„Warum leben ich?“

„Was möchte ich aus meinem Leben machen?“

oder

„Erfüllt mich mein Job?“

und

„Was verschafft meinem Leben oder meiner Karriere einen Sinn?“.

Coaching kann Klienten helfen für ihre Themen Sinn zu schaffen oder zu finden.

Indem der Klient den eigenen Erfahrungen, Handlungen, Beziehungen und Lebensumständen bestimmte Werte zuschreibt und diesen Dingen eine Richtung im Leben gibt, kann Sinn geschaffen werden (Stelter, 2018).

Auf diese Weise gewinnen die Erfahrungen, Handlungen, Beziehungen und Lebensumständen des Klienten an Bedeutung, was schließlich das Leben lebenswerter macht.

In diesem Zusammenhang wird im nächsten Abschnitt zunächst auf die Bedeutung und Wirkung von „Ikigai“ eingegangen und schließlich mögliche Coaching Interventionen zur Erschaffung eines Ikigai im beruflichen Kontext vorgestellt.


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