Coaching: Berufliche (Neu)Ausrichtung

Dokumentation und Reflexion eines Coaching-Prozesses

Abschlussarbeit von Irene Schulz, als PDF lesen


Einleitung & meine Rolle als Coach

Bewusstsein und Perspektiven zu erweitern. Fähigkeiten und Stärken zu entwickeln. Veränderungen und Chancen zu erkennen und ergreifen. Den Menschen bei persönlichen und beruflichen Veränderungsprozessen zu begleiten ist mir eine Herzensangelegenheit und erfüllt mich persönlich.

Nach dem systemischen Ansatz betrachte ich den/die Klientin als Experte/in sowohl des eigenen Problems als auch der eigenen Lösung.

Er/sie trägt auf seine/ihre Fragen auch die für ihn/sie richtigen Antworten, für seine/ihre Probleme die passenden Lösungen und für jeden Veränderungsprozess die optimalen Ressourcen schon in sich.

Davon bin ich ebenfalls fest überzeugt!

Im Folgenden wird der Prozess eines beruflichen Coachings über vier Sitzungen (einschließlich Auftragsklärung) beschrieben.

Lesen Sie auch hier „Business-Coach-Basis“

Coaching-Prozess

Thema: Berufliche Neuorientierung bzw. berufliche Selbstverwirklichung

Zeitraum / Ort: im Rhythmus von 3 – 5 Wochen, à 90 – 120 Minuten, in meinem Büro

Erstkontakt

Die Klientin kontaktierte mich über meine Homepage (www.ireneschulz.com) für ein Erstgespräch. In dem kurzen Telefonat erläuterte sie mir grob ihr Anliegen und ihren Wunsch mit meiner Hilfe sich tiefgründiger mit ihrer zukünftigen beruflichen Ausrichtung zu beschäftigen.

Zum Zeitpunkt des Erstgespräches (Anfang August) befindet sich die Klientin bereits in einer beruflichen Umbruchsituation. Sie steht vor einem Wechsel in ein neues Arbeitsverhältnis (Anfang Oktober).

Um Missverständnisse zum Thema Coaching im Vorfeld ausschließen zu können, erkundigte ich mich bei der Klientin, warum sie ausgerechnet Coaching für sich als nützlich ansieht und ob sie persönliche Erfahrungen mit Coaching hatte.

Coaching als Entwicklungsmaßnahme wurde der Klientin von einer ehemaligen Arbeitskollegin empfohlen. Um das Vertrauen der Klientin zu mir zu fördern, klärte ich die Klientin bereits an dieser Stelle über meine Arbeitsweise, den Ablauf eines Coaching-Prozesses, die Vertraulichkeitsverpflichtung (inkl. Coaching-Vertrag) auf.

Die Klientin stimmte dem Prozess motiviert zu und wir vereinbarten einen passenden Termin für die Auftragsklärung.

Auftragsklärung, Analyse, Zielklärung

Informationen zur Klientin und ihrer Situation

Die Klientin (35 Jahre, ledig, keine Kinder) beschreibt mit Hilfe meiner Fragen ihren beruflichen Werdegang (Ausbildung & mehrjährige Beschäftigung zur Tierpflegerin, Quereinstieg als Verkäuferin im Einzelhandel für Tierbedarf, zuletzt Quereinstieg als Küchenplanerin/-beraterin).

Die kreative, organisatorische und zeitgleich kundennahe & kundenorientierte Arbeit zuletzt als Küchenplanerin/- beraterin hat ihr viel Freude bereitet und die Motivation und den Wunsch in ihr geweckt sich beruflich und persönlich im Betrieb weiterzuentwickeln.

Weil ihr jedoch das eher kleine Unternehmen weder Chancen für eine berufliche Weiterentwicklung noch Entwicklungsperspektiven im Unternehmen geben konnte, entschied sich die Klientin dafür selbstverantwortlich beruflich weiterzuentwickeln.

Sie absolvierte auf eigene Kosten eine Fortbildung im Bereich Küchenplanung/-beratung mit der Intention sich bei anderen Unternehmen zu bewerben und eine passende Arbeitsstelle zu finden.

Zusätzlich bewarb sie sich aus Interesse auf die Stelle als „Mediaberaterin“ in einem erneut branchenfremden Zweig und erhielt tatsächlich für diese Stelle eine Zusage, mit der Aussicht bereits im Oktober die Funktion als Mediaberaterin zu besetzen.

In der arbeitsfreien Übergangsphase hatte die Klienten sich viel Raum und Zeit gegeben, um sich mit sich selbst, ihren persönlichen Bedürfnissen und Wünschen zu beschäftigen und sich einen ihrer Lebensträume (alleine eine Fernreise zu machen) zu verwirklichen.

Die Klientin schätzte jede der bisher ausgeübten Arbeitstätigkeiten und die damit erworbenen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kompetenzen wert.

Sie war jedoch leicht frustriert, dass sie sich bisher in keinem der Jobs wirklich beruflich ausleben konnte und angekommen gefühlt habe.

Die neue Stelle als Mediaberaterin habe sie spannend gefunden und konnte sich gut vorstellen, sich mit ihren Kompetenzen und Fähigkeiten einzubringen.

Sie stellte vorsichtig infrage, ob sie im neuen Beruf ihre Erfüllung finden wird und gab zu, dass ihr seit ca. 3 Jahren die Orientierung und Klarheit darüber fehle, in welche Richtung ihre berufliche Reise langfristig hingehen soll (Funktion, Rolle, Tätigkeiten, Angestelltenverhältnis oder Selbstständigkeit) damit sie in ihrem Berufsleben erfüllt und zufrieden sein kann.

Diese Erkenntnis habe sie dazu bewegt sich mit Hilfe eines Coaches noch mal grundlegend mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Vorstellungen hinsichtlich der zukünftigen beruflichen Ausrichtung zu beschäftigen.

Einstieg & Kontakt: Pacen, Spiegeln, Doppeln

Innerhalb kurzer Zeit nahm ich war, dass die Klientin sowohl auf verbaler als auch nonverbaler Ebene über eine sehr lebhafte Kommunikation verfügt.

Besonders die emotionale Ausprägung ihrer Mimik und die Tonalität ihrer Stimme konnte ich hervorragend zum Pacen nutzen und somit eine vertrauensfördernde Beziehungsebene zur Klientin aufbauen.

Verlauf der Auftragsklärung

Für ein besseres Verständnis der Situation und des Systemkonstrukts meiner Klientin, ließ ich mir ihre Ausgangssituation noch konkreter beschreiben.

Währenddessen gab mir das „Coaching-Haus“ eine gute und sichere Orientierung. Ein wechselseitiges Beziehen auf die einzelnen Ebenen (Thema, Organigramm bzw. berufliches & privates Umfeld, Situationsund Gefühlsbeschreibung) erleichterten mir ihr Thema, System (und die Wechselwirkungen zu bestehenden Systemen) genauer zu erfassen.

Hierfür waren vor allem beschreibende, erklärende Fragen und Fragen nach dem bisherigen Verhalten hilfreich.

Für die Zielklärung und Zielfestsetzung des weiteren Coaching-Prozesses bediente ich mich vorwiegend ziel-, lösungsorientierter, hypothetischer, zirkulärer Fragen und Umkehrfragen, wie z.B.

– Was genau möchten Sie mit Hilfe des Coachings verändern bzw. erreichen?

– Stellen Sie sich bitte vor, Sie haben den Coaching-Prozess abgeschlossen, woran erkennen Sie, dass es für Sie erfolgreich war? (Methode: Future Pace)

▫ Was hat sich dann in Ihrem Denken, Fühlen und Handeln bei Ihnen verändert?

▫ Woran merken z.B. ihre Freunde, Familienmitglieder, dass das Coaching für Sie erfolgreich war?

▫ Woran werden Sie merken, dass Sie das Ziel nicht erreicht haben?

Nach einer ausführlichen Auftragsklärung wurde folgendes Ziel für den weiteren Coaching-Prozess festgehalten:

Ich möchte meine berufliche Selbstverwirklichung finden.

Zusätzlich fragte ich ihre Erwartungshaltung an mich als Coach ab. Sie wünschte sich, dass ich ihr als Coach im Laufe des Prozesses dabei helfe den „Nebel zu lichten“, sodass sie für sich mehr Klarheit und Orientierung hinsichtlich ihrer  zukünftigen beruflichen Ausrichtung gewinnen kann.

Beide Punkte notierte ich auf zwei Moderationskarten und platzierte diese sichtbar vor der Klientin auf dem Boden.

Ich bat die Klientin sich einen Moment Zeit zu nehmen und sich einzufühlen, wie stimmig sich das formulierte Ziel für sie anfühlte und ob es von ihrer Seite her noch einer Ergänzung bzw. Änderung bedurfte. Die Klientin bekräftigte die Zielformulierung.

Um für mich (und auch für die Klientin) noch mehr Klarheit zu erhalten, wo meine Klientin aktuell auf ihrem beruflichen Orientierungsweg steht, stellte ich ihr zusätzlich zwei Skalierungsfragen.

Den Skalierungsrahmen setzte ich von

„1= Ich habe überhaupt keine Vorstellung, was ich beruflich machen möchte und kann.“

bis

„10 = Ich habe eine sehr genaue Vorstellung von dem, was ich beruflich machen möchte und wie ich mich darin verwirklichen kann.“

mit Bodenankern (Karten).

Auf die Frage…

a) “Wieviel Klarheit hast du bereits heute darüber wie, womit und in welchem Bereich du dich beruflich selbstverwirklichen könntest bzw. möchtest?“

und

„Was hat dazu beigetragen, dass du gerade hier stehst?

Warum stehst du nicht auf der 3 oder 2?“

stufte sich die Klientin auf der 5 ein und berichtete, dass sie vor ein paar Jahren begonnen habe sich selbstständig mit Themen wie z.B. Stärken, Schwächen, Lebenswerte und Persönlichkeitsentwicklung allgemein auseinanderzusetzten.

Ich ließ mir genauer von ihr erklären, welche Erkenntnisse sie bisher über sich gewonnen hatte und fokussierte dann erneut zu ihrem Ziel mit der Frage

b) “Wie viel Klarheit möchtest du darüber gewinnen, wie, womit und in welchem Bereich du dich zukünftig beruflich selbstverwirklichen kannst?

Und bis wann soll das geschehen?“

Die Klientin steuerte motiviert auf die 9 zu und setzte sich einen zeitlichen Rahmen bis spätestens März 2020 fest.

Ich nutze die Intervention der Ambivalenz und gab ihr zu verstehen, dass ich einerseits ihre Ungeduld bzw. Motivation „beruflich endlich anzukommen“ sehr gut nachempfinden kann und andererseits es bemerkenswert finde, dass sich trotz ihrer Ungeduld, noch ausreichend Zeit für den Findungsprozess nehmen möchte.


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