Anwendung des DISG-Modells im Coachingprozess

Chancen und Herausforderungen der vier Profile

Abschlussarbeit von ANONYM, als PDF lesen


Einleitung

Wer oder was ist Persönlichkeit? Das ist eine Frage, die wir uns immer wieder stellen und die auch für das Coaching, die Beziehung zwischen Coach und Coachee und den Coachingprozess eine Rolle spielt.

In einem Coachingsetting wird die Unterschiedlichkeit zwischen Coach und Coachee schnell sichtbar.

Das Inselmodell von Vera Birkenbihl macht die Differenzen im Verhalten, Kommunikation, Prägung und vielen anderen Faktoren sichtbar.

Wir leben alle auf unserer eigenen Insel. Jede Insel stellt die Welt einer einzelnen Person dar und hat unterschiedliche Eigenschaften durch persönliche und kulturelle Prägungen, Gewohnheiten, Erfahrungen, Meinungen, Erziehung, etc. Wir halten unsere Insel für „Normal” und sie ist ein Spiegel dessen, was wir fühlen und denken, wer und wie wir sind.

In einem Austausch zwischen Menschen, zum Beispiel Coach und Coachee, die von unterschiedlichen Inseln kommen, kann ein Beziehungsaufbau und die Kommunikation demnach besser oder schlechter laufen. “Gut” läuft es oft, wenn es Überschneidungen zwischen den Inseln gibt. Dies ist aber nicht immer der Fall und oft sind wir herausgefordert, wenn der Austausch nicht gelingt und Distanz unüberwindbar scheint. Es kann leicht das Gefühl entstehen, dass “man aneinander vorbei redet“, die “Chemie nicht stimmt” und im schlimmsten Fall der Kontakt ganz abgebrochen oder vermieden wird.

Um diese Unterschiedlichkeiten stehen lassen zu können, hilft eine professionelle Haltung in der Kommunikation.

Im Bezug auf das Inselmodel bedeutet das:

• Beide Gesprächspartner akzeptieren, dass Menschen auf verschiedenen Inseln leben und dadurch ihre Sichtweisen, Verhalten, Kommunikation etc. unterschiedlich geprägt sind.

• Jedem Gesprächsteilnehmer ist klar, dass jeder Mensch seine eigene Insel als legitim betrachten kann und darf. Das fordert eine hohe Akzeptanz und Toleranz, dass auf verschiedenen Inseln Normen, Regeln, Werte etc. verschieden geprägt und gelebt werden und diese nicht immer vom jeweils anderen in ihrer Vollständigkeit verstanden werden können.

Um diese professionelle Grundhaltung in der Kommunikation und einen toleranten und wertschätzenden Umgang entstehen zu lassen und zu leben, hilft es, neben Wissen zur Kommunikationstheorie auch einen Einblick in Persönlichkeitstypen und Verhaltens- und Kommunikationsmodelle zu haben.

Diese Abschlussarbeit soll einen Einblick in das DISG-Persönlichkeitsmodell geben und beleuchten, wie die verschiedenen Persönlichkeitsprofile den Umgang zwischen Coach und Coachee beeinflussen, wie sie sich auf den Coachingprozess auswirken können und welche Chancen und Herausforderungen mit ihnen verbunden sind.

Persönlichkeit und Persönlichkeitsmodelle

Wenn man sich dem Thema Persönlichkeit nähert, kommt man nicht um den Versuch, eine Definition zu finden, herum.

“In der Persönlichkeitspsychologie gibt es keine allgemein akzeptierten Grundbegriffe. Zahllose Theorien, die sich widersprechen und deren Vertreter sich bekämpfen, schaffen mehr Verwirrung als Klarheit.”1

Der Duden definiert Persönlichkeit wie folgt:

“Gesamtheit der persönlichen (charakteristischen, individuellen) Eigenschaften eines Menschen”2

Dies führt wie auch viele andere Definitionen zu einem Containerbegriff hin, der je nach Theorie erblich bedingte Unterschiede, Kultur, Soziale Schicht, Elternhaus, Arbeit und viele weitere Faktoren mit einbezieht.

Genauso vielfältig wie die Definitionen von dem Begriff Persönlichkeit sind auch die dazu entstandenen persönlichkeitstheoretischen Grundmodelle. Diese versuchen, die menschlichen Verhaltensweisen und die Struktur der Persönlichkeit vereinfacht zu erklären. Viele dieser Modelle versuchen Elemente wie Verhalten, Motive, Gewohnheiten, Werte, Denk- und Lernstile zu erfassen und modellhaft zu beschreiben.3

Eines dieser Modelle ist das DISG-Modell, welches im folgenden Abschnitt beschrieben wird.

Das DISG-Modell

Ursprung und Geschichte

Wo genau der Ursprung dieses Modells liegt und welche Personen, Forscher, Wissenschaftlicher Einfluss auf dieses Modell genommen haben, ist umstritten.

Ein sehr bekanntes und viel herangezogenes Modell ist die Typentheorie von Galen (129-199) und Hippokrates (460-377 v. Chr.). Die Lehre der vier Temperamente definiert vier Grundpersönlichkeiten: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker.4

Dieses Modell ist Grundlage für viele spätere Modelle, so auch für das Modell der Persönlichkeit nach Eysenck.

Der deutsch-britische Psychologe Prof. Hans Eysenck (1916-1997) hat die Typologie der Temperamente mit den zwei Persönlichkeitsdimensionen Introversion und Extraversion von C. G. Jung kombiniert und der Persönlichkeitszirkel ist entstanden.5

Abb.1: Eysencks Persönlichkeitszirkel 6

Das Modell

“Das DISG Persönlichkeitsmodell verbindet ein psychologisches Wahrnehmungsmodell mit einem Handlungsmodell und ist ein Instrument zur situativen Verhaltensmessung.”7

John Geier entwickelte das DISG Persönlichkeitsprofil 1970-1972 in Minneapolis, USA. Er prägte die Begriffe Dominance (Dominanz), Inducement (Anreiz), Submission (Unterwerfung) und Compliance (Unterwürfigkeit), welche auf Englisch die Abkürzung DISC und auf deutsch DISG ergeben. Er entwickelte es als ein Wahrnehmungsmodell mit vier differenzierbaren Emotionen. Die ursprüngliche Anwendung war für den universitären Kontext bestimmt und erst später breitete sich die Anwendung auch auf andere Bereiche, wie Personal, Recruiting und Teamentwicklung aus.

1979 wurde das DISG Persönlichkeitsprofil an die Carlson Marketing Group verkauft. Seitdem gibt es einen Djungel an verschiedenen sich ähnelnden Modellen auf dem Markt mit von größeren und kleineren Anbietern: Persolog (der Persolog GmbH, das Insights MDI (Scheelen AG), DiSG Workplace (Wiley) und viele kleinere Anbietern. Im Kern ähneln sich sowohl die Fragebögen als auch die erstellten Analyseberichte, auch wenn jede Firma versucht, ihre besonderen Erkennungsmerkmale und positive Unterschiede besonders hervorzuheben. Die Grundbegriffe variieren je nach Anbieter.

Im deutschsprachigen Raum haben sich die vier folgenden Begriffe durchgesetzt: dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft.

Die vier Dimensionen werden auch oft mit den Farben assoziiert und präsentiert: rot (dominant), gelb (initiativ), grün (stetig) und blau (gewissenhaft). Es wird dann vom Vierfarben-Modell gesprochen.


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Quellen bis hierher

1 Walter, S. (2006), S.6
2 Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Persoenlichkeit (zuletzt abgerufen 05.11.2022)
3 Walter, S. (2006), S.18
4 Vgl. Walter, S. (2006), S.19
Vgl. Walter, S. (2006), S.20
Walter, S. (2006), S.20
Ott, L., Wittman R. und Gay, F. in Walter, S. (2006), S.160
Vgl. Ott, L., Wittman R. und Gay, F. in Walter, S. (2006), S.159f.
Vgl. Ott, L., Wittman R. und Gay, F. in Walter, S. (2006), S.160