Unterbewusstsein – Eine Reflexion

Im Rahmen einer kombinierten Arbeit als Systemischer

Coach, Begleitender Kinesiologe und Hypnose-Anwender

Abschlussarbeit von Philipp Neiß, als PDF lesen


Einleitung

Jahr für Jahr treffen Millionen Menschen zu Silvester bewusste Entscheidungen für das kommende Jahr, nämlich z.B. mit dem Rauchen aufzuhören, mehr Sport zu treiben oder etwas gegen ihren Stress zu unternehmen.

Die schädlichen Folgen oder unerwünschten Nebenwirkungen eines ‚Weiter so‘ sind dabei jeweils hinlänglich bekannt, und doch sind der Wille und die Disziplin in den meisten Fällen schon nach wenigen Tagen oder Wochen erschöpft.

Die gewünschte Verhaltensänderung wurde somit zwar erreicht, aber leider nicht nachhaltig.

Darüber hinaus ging der letztendlichen Kapitulation in der Regel eine Phase der Qual, der Lustlosigkeit oder des Verdrängens voraus.

Im Rahmen des Systemischen Coachings liefert der Coach selbst keine konkreten Lösungsvorschläge. Er geht vielmehr ‚davon aus, dass der Coachee sein Ziel kennt und er nur noch Hilfe bzw. Begleitung auf dem Weg dorthin benötigt.

Entscheidend ist also die Selbstwirksamkeit des Coachee.

Der Coach wird insofern unterstützend und begleitend tätig, als er die beim Coachee bereits vorhandenen Ressourcen aufdeckt, aktiviert und stärkt.

Dabei werden in der Regel unterschiedliche Einflussfaktoren identifiziert, Wechselwirkungen in verschiedenen Systemen (Familie, Unternehmen, Gesellschaft) berücksichtigt und passende Ziele formuliert.

Einige der verwendeten Interventionen wirken jedoch lediglich auf der Ebene des bewussten Verstandes, so dass es gerade für nachhaltige Verhaltensänderungen sinnvoll sein kann, weitere Tools und Methoden aus anderen Disziplinen zu ergänzen, um letztlich auch das Unterbewusstsein mit einzubeziehen, welches schließlich den überwiegenden Teil unserer Entscheidungen steuert und unsere Handlungen wesentlich beeinflusst.

Im Rahmen dieser Arbeit werden unterschiedliche Interventionen skizziert, welche im Rahmen des Systemischen Coachings bereits gezielt das Unterbewusstsein ansprechen, und es werden weitere Tools und Methoden als Ergänzung vorgeschlagen, die sich an meinen eigenen Erfahrungen aus anderen Ausbildungen, insbesondere der Begleitenden Kinesiologie, NLP und Hypnose orientieren.

Mein Ziel ist es, auch im Hinblick auf die eigene spätere Positionierung als Systemischer Coach eine effektive und effiziente Kombination dieser Disziplinen zu entwickeln, die den Coachee bei einer schnellen und nachhaltigen Verhaltensänderung wirksam unterstützen kann.

Unterbewusstsein

Unter dem Begriff ‚Unterbewusstsein‘ lassen sich sämtliche Eindrücke, Erinnerungen, Vorstellungen, Motive und Einstellungen zusammenfassen, die nicht bewusst unser Handeln beeinflussen.

Es ist gewissermaßen unser Autopilot, der uns lenkt und den überwiegenden Anteil unserer Entscheidungen und Handlungen steuert.

Wissenschaftlern zufolge denken wir Menschen lediglich 0,1% unser täglichen 60.000 – 80.000 Gedanken bewusst. Zudem kann unser Unterbewusstsein 10.000 Mal mehr Daten aufnehmen, verarbeiten und speichern als unser bewusster Verstand.

Wenn wir also alles mit unserem bewussten Verstand erfassen wollten, was wir tagtäglich tun, würden wir fast auf der Stelle treten.

In unserem Unterbewusstsein sind dagegen schon enorme Mengen an Informationen und Zusammenhängen abrufbar abgelegt, so dass viele unserer Handlungen nahezu ‚automatisch‘ ablaufen können, ohne dass wir darüber nachdenken müssen.

Nur so ist es beispielsweise möglich, dass wir beim Autofahren gleichzeitig kuppeln, einen Gang einlegen und den Verkehr im Rückspiegel kontrollieren können während wir den Blinker setzen.

In den Momenten, in denen unser Unterbewusstsein die Führung übernimmt und uns den Weg weist, sprechen wir gerne von Intuition oder dem sog. ‚Bauchgefühl‘.

Wenn es uns gelingt, diese Impulse unseres Unterbewusstseins in irgendeiner Weise wahrzunehmen, dann können wir letztlich auch bewusst entscheiden, ob wir lieber diesem Gefühl vertrauen wollen oder uns nur auf unseren Verstand verlassen möchten.

Je mehr wir uns also mit der Funktionsweise und den Botschaften unseres Unterbewusstseins beschäftigen, desto besser kann es uns gelingen, das enorme Wissen und die Kraft unseres Unterbewusstseins ‚anzuzapfen‘ und für uns nutzbar zu machen.

Darüber hinaus ist es uns auch möglich, mit Hilfe bestimmter Tools und Techniken unser Unterbewusstsein anzusprechen und im Hinblick auf unsere Handlungen, unsere Gedanken und unsere Emotionen gezielt zu beeinflussen.

Andernfalls würde es aus ökonomischen Gründen immer wieder gewohnheitsmäßig mit den gleichen Verhaltensmustern auf äußere Reize reagieren.

Diese Muster können jedoch durchaus auch destruktiv sein und somit der Erreichung unserer persönlichen Ziele entgegenstehen.

In diesen Fällen gilt es gegenzusteuern und beispielsweise im Rahmen eines Systemischen Coachings Handlungsalternativen aufzudecken und idealerweise auch im Unterbewusstsein zu verankern.

Systemisches Coaching & NLP

Die meisten von uns wurden in der Kindheit durch elterliche Forderungen schon so deutlich z.B. in Bezug auf soziale Vorstellungen geprägt, dass diese Botschaften im Erwachsenenalter noch stark in unserem Unterbewusstsein verankert sind und uns unbewusst in unserem Privatleben und im Beruf beeinflussen können.

Innere Antreiber wie z.B. ‚Sei stark!‘, ‚Sei perfekt!‘ oder ‚Sei gefällig!‘ lassen sich jedoch relativ leicht mit einer bestimmten Fragetechnik oder auch einem Fragebogen erkennen.

Ähnlich verhält es sich auch mit dem sog. ‚Inneren Team‘, mit dem sich die inneren Anteile des Coachee verdeutlichen lassen, die sich in bestimmten Situationen in Konflikten befinden können.

Hierbei ist es wichtig, dass jede einzelne Stimme gehört wird und das gesamte System visuell und wertschätzend beschrieben wird. Auf diese Weise werden also unbewusste Anteile/Stimmen bewusst gemacht, um am Ende eine Lösung zu finden, die allen Anteilen gerecht wird.

Oft wird der Coach im Gespräch oder während einer Intervention mit negativen Glaubenssätzen des Coachee konfrontiert, die unbewusst großen Einfluss auf das Handeln des Coachee haben können und ebenfalls unbewusst dem Erfolg und Glück im Wege stehen können.

Ähnlich wie die inneren Antreiber haben negative Glaubenssätze ihren Ursprung in unserer Kindheit, lassen sich aber auch im Erwachsenenalter noch in etwas Positives umkehren.

Hierfür gilt es, diese Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen und Generalisierungen aufzudecken. Anschließend werden sie dann widerlegt und positiv umformuliert.

Auch mit Metaphern wird im Systemischen Coaching gerne gearbeitet, um über die Visualisierung gezielt das Unterbewusstsein ansprechen zu können.

So können auch abstrakte Inhalte vom Klienten leichter wahrgenommen und verarbeitet werden. Einerseits wird die Aufmerksamkeit des Klienten erhöht und andererseits ein Zugang zu komplexen Denkprozessen ermöglicht.

Im Sinne eines guten Pacings ist es hilfreich, vor allem solche Metaphern aufzugreifen, die sich schon im Gespräch mit dem Coachee ergeben haben.

Ein Vorteil von Metaphern ist auch, dass es dem Coachee bei starken Emotionen in der Regel leichter fällt, über das Bild weiterzureden als über die eigenen Gefühle.

Die Wahrnehmung spielt grundsätzlich sowohl im Systemischen Coaching als auch im NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) eine wichtige Rolle.

Beispielsweise kann sich der Coach bei der sog. ‚Wunderfrage‘ am VAKOG-Modell aus dem NLP orientieren und sich das Wunder aus allen Wahrnehmungskanälen beschreiben lassen.

Im Anschluss daran lässt sich dieser positive Zustand bzw. das Gefühl im Unterbewusstsein ‚verankern‘ und später durch Verwendung eines Bodenankers spielerisch wieder ins Gedächtnis zurückholen.

Auch die Arbeit mit der ‚Timeline‘ und das ‚Tetralemma‘ eignen sich hervorragend für die Verwendung von Bodenankern.

Im Rahmen des NLP wird zudem sehr auf die Verwendung von Sprache geachtet. Beispielsweise werden von unserem Unterbewusstsein keine Verneinungen verstanden, weshalb man seine Ziele möglichst positiv, also ohne Verwendung von ‚kein‘, ‚nicht‘ oder ähnlichen Begriffen, formulieren sollte.

Will man nun sein Unterbewusstsein in Richtung ‚Zielerreichung‘ programmieren, ist es ebenfalls wichtig, seine Ziele realistisch und in einem bereits vollendeten Zustand zu visualisieren, denn Bilder sprechen das Unterbewusstsein grundsätzlich stärker an als reine Worte.


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