Rolle von Narzissmus im Coaching

Klienten* im Coaching besser verstehen und unterstützen,
die durch Narzissten* aus Ihrem System geprägt sind.

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Einleitung

Ich schreibe über Narzissmus und die Auswirkungen auf betroffene Menschen, da es mir ein persönliches Anliegen ist.

Mein Vater hat eine narzisstische Persönlichkeitsstörung und ich habe resultierend aus meiner Erziehung und jahrzehnter langer Prägung durch einen Narzissten bis heute noch Handlungsfelder, die ich selbst in Coachings bearbeite.

Die Beziehung zu einem Narzissten ist geprägt von emotionaler Ausnutzung, Abwertung, Kontrolle und einer Instrumentalisierung für seine eigenen Zwecke.

In dieser negativen Dynamik ist für die Zielperson des Narzissten kaum Entwicklung und Wachstum möglich

Als mir durch meine vorangegangene Ausbildung zum psychologischen Berater bewusst wurde, dass mein Vater mehr als nur ein „etwas schwieriger Typ“ ist und ich verstanden habe was krankhafter Narzissmus bedeutet, wurde mir klar warum ich heute so bin wie ich bin und auch noch im hohen Erwachsenalter Defizite und Prägungen habe, die noch immer aus dieser Erziehung resultieren.

Heute geht es für mich vor allem darum, dass ich neue Überzeugungen sowie ein gesundes Selbstwertgefühl entwickle und eine eigene, selbstbestimmte Identität.

Was ist ein Narzisst?

Für mich gibt es im Leben eine goldene Regel:

Behandle andere stets so, wie du auch behandelt werden möchtest

Leider bricht der Narzisst diese Regel, wann immer er einen Vorteil für sich erzielen kann, um seinen Selbstwert zu Lasten anderer zu erhöhen.

Eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist geprägt von einem extremen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Bewunderung, Anerkennung und Kontrolle. Dabei schreckt er auch nicht vor Lügen und Manipulieren zurück.

Hinter dem oft selbstverliebten oder arrogantem Auftreten stehen im Grunde ein schwaches Selbstwertgefühl.

Der Ursprung dieser Störung liegt in der kindlichen Entwicklung bzw. in der Beziehung zu den Eltern. Narzissten haben als Kind wahrscheinlich selbst eine tiefe Selbstentwertung erlebt.

Eine weitere, mögliche Ursache dieser Störung können bestimmte elterliche Erziehungsmuster sein, etwa eine übertrieben starke Bevorzugung in der Kindheit bzw. eine übermäßige Leistungsfokussierung durch die Eltern.

Wenn Eltern ihrem Kind immer wieder vermitteln, dass es besser ist als andere oder mehr wert ist als seine Mitmenschen, dann wird das Kind diese Haltung übernehmen und eine unangemessene Anspruchshaltung verbunden mit Tendenz zum Narzissmus entwickeln.

Aber auch wenn Eltern sehr wenig auf ihr Kind eingehen und ihm nur dann Beachtung schenken, wenn es etwas Besonderes geleistet hat, z.B. sehr gute Noten in der Schule hat, kann dies zu einer übergroßen Leistungsorientierung führen,

[…] wobei das Gefühl entsteht, selbst wenig Wert zu sein und nur durch auffallende Leistungen oder das besondere Hervorheben der eigenen Erfolge Anerkennung zu erhalten.

Narzisstische Personen haben Schwierigkeiten, sich in andere Menschen hineinzuversetzen (fehlende Empathie) und verhalten sich anderen gegenüber oft herablassend, um sich selbst zu erhöhen und Selbstwert zu steigern.

Sie empfinden dabei keine Scham und Reue und sind nicht kritikfähig. Ohne Schamgefühl und ohne ein schlechtes Gewissen wird dem Narzissten jedoch keine natürliche Grenze gesetzt, so dass er diese regelmäßig überschreitet.

In der Schamlosigkeit besteht der Kern der narzisstischen Persönlichkeit.

Da er keine Scham empfindet, muss er weder seine Grenzen und Beschränkungen anerkennen noch braucht er sich selbst zu reflektieren. Somit muss er sich auch nicht eingestehen, dass er Fehler macht.

Schuld sind daher immer die anderen.

Indem er vollkommen schamlos handelt, zwingt der Narzisst seine Bezugsperson dazu, alle Scham in der Beziehung allein zu tragen und sich somit die ganze Zeit unterlegen zu fühlen.

Menschen die über längere Zeiträume gezwungen werden Scham zu empfinden, fangen irgendwann an, sich im Kern für unfähig und minderwertig zu halten. Die Art und Weise, in der die Schamlosigkeit eines Narzissten andere in seinem Umfeld dazu zwingt, Scham zu empfinden kann sich auf verschiedene Weisen äußern:

▪ Obsessives Streben danach, in jeder Situation die Kontrolle auszuüben. So verwehrt er Ihnen die Möglichkeit sich selbstständig zu verbessern und dazuzulernen.

▪ Herablassende Blicke/Augenrollen

▪ Gekicher und offene Beleidigungen, wenn Sie Fehler machen oder Schwäche zeigen

▪ Reden über Sie in der dritten Person, obwohl Sie anwesend sind. Der Narzisst kreiert damit die Illusion zwei Personen höheren Wissens unterhalten sich über Sie.

▪ Wichtigtuerei durch das Erzählen von Monologen und Heldengeschichten. Damit zwingt er andere dazu, sich im Vergleich klein und unterlegen zu fühlen.

▪ Überhöhung der eigenen Person durch aggressive Selbstbehauptung, um sich keine Schwächen einzugestehen.

▪ Fragen stellen, die Sie bloßstellen

▪ Einnehmen einer Opferrolle um damit Scham- und Schuldgefühle zu erzeugen

▪ Verweigerung von Empathie und Unterstützung

▪ Vorgetäuschtes und übertriebenes Kümmern, um bei Ihnen das Gefühl zu erzeugen, dass Sie ständig und bei allem Hilfe benötigen und ein „hoffnungsloser“ Fall sind.

▪ Verweigerung von Grenzen. Nur er weiß, was gut für Sie ist und entscheidet für Sie.

▪ Vergleiche zwischen Ihnen und anderen. Damit zwingt er Sie dazu, sich auf einer Werteskala zu betrachten und ein Gefühl zu erzeugen, dass Sie nicht gut genug sind.

All diese Verhaltensweisen und Methoden zielen darauf ab, das Gefühl bei der Zielperson zu erzeugen, dass sie einen niedrigeren Status hat als der Narzisst.

Auch die Verweigerung von Unterstützung und Empathie gehören zum Narzissten dazu, so dass man mit ihm nicht auf die Ebene der Gefühle vordringen kann. Die Gefühle anderer sind Ihnen egal und dienen dem Narzissten einzig und allein dazu, andere zu kontrollieren und zu manipulieren.

Öffnen man sich dem Narzissten mit Ihren Gefühlen oder Schwächen, sieht er darin eine Chance Sie kleinzuhalten, anstatt Sie zu unterstützen und zu verstehen.

Daher ist es nicht möglich mit dem Narzissten eine echte, menschliche Beziehung erfahren zu können, da er die Gefühlswelt abschottet. Er zielt bewusst darauf ab stets „auf Armlänge“ von sich fernzuhalten, um das Machtgefüge aufrechtzuerhalten. Zwischenmenschliche Beziehungen sind für ihn eher ein Wettbewerb, den er unbedingt gewinnen will.

Der Umgang mit Narzissten ist daher sehr herausfordernd und kühl.

Wichtig ist es jedoch, zwischen „normalem“ Narzissmus und einer echten narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden.

„Normale“ Narzissten sind oft sehr ehrgeizig und wettbewerbsorientiert. Sie sind daher auch in Führungspositionen zu finden und können ein sehr erfolgreiches Leben führen.

Sie sind gesellschaftlich akzeptiert und vergleichsweise harmlos.

Wenn der Narzissmus jedoch zu stark ausgeprägt ist und für den Betroffenen und seine Umwelt zu Leid führt, wird der Narzissmus krankhaft (pathologischer Narzissmus).

In dieser Form ist Narzissmus eine offizielle Persönlichkeitsstörung und somit eine psychische Krankheit gem. ICD 10 (International Statistical Classification of Disease).

Da wir uns als Coach natürlich nicht mit therapeutischen Fällen beschäftigen, lege ich den Fokus hier auf die im Coaching zu begleitender Person, die eine narzisstische Prägungen erfahren hat.

Übrigens gehen Narzissten selbst nur selten in eine Therapie oder in ein Coaching, da in Ihrer Welt immer die anderen Schuld sind und sie sich als perfekt empfinden. Schon das Angebot der Hilfe ist für sie kränkend.

Denn Selbstkritik oder Selbstbetrachtung ist bei diesen Menschen nicht verankert.

Wenn mindestens 5 dieser Kriterien zutreffen, wird von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gesprochen: Die Betroffenen

▪ haben ein übertriebenes Gefühl ihrer eigenen Wichtigkeit

▪ haben Phantasien von grenzenlosem Erfolg, Macht, Schönheit oder idealer Liebe

▪ glauben, besonders und einzigartig zu sein und nur von besonderen oder angesehenen Personen verstanden zu werden

▪ erwarten von anderen übermäßige Bewunderung

▪ erwarten, dass andere sie besonders bevorzugt behandeln und automatisch auf ihre Erwartungen eingehen

▪ nutzen andere aus, um ihre eigenen Ziele zu erreichen

▪ haben wenig Empathie; wollen sich nicht in andere hineinversetzen

▪ empfinden oft Neid für andere oder glauben, andere sind neidisch auf sie

▪ verhalten sich arrogant, verletzend und überheblich


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