Radical Collaboration

aus dem Blickwinkel des Systemischen Coachings

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Antrieb zur Betrachtung

In meiner Beraterpraxis haben mich die Transformationsimpulse der Workshops zu Radical Collaboration tief beeindruckt.

Bei näherer Betrachtung habe ich einige Parallelen zum Systemischen Coaching gesehen und werde diese im Nachgang aus meiner persönlichen Sicht beleuchten.

Diese Betrachtung ist weder eine Bewertung noch eine wissenschaftliche Ausarbeitung, es ist eine Einordnung mit dem Ziel mögliche Verbindungspunkte zu klären und ein Zusammenspiel in Unternehmenssystemen im Rahmen von Transformationen zu beleuchten.

Radical Collaboration Beschreibung

Radical Collaboration ist ein Workshop-basierter Ansatz zur Entwicklung einer vertrauensbasierten Arbeitskultur.

Ein Workshop geht über drei Tage und kann sowohl offen als auch geschlossen stattfinden, wobei das geschlossene Format das effektivere ist, da es in einem bestehenden System wirksam werden kann.

Herkunft

Radical Collaboration hat sich aus den praktischen Erfahrungen von Jim Tamm im Rahmen seiner Tätigkeit als Friedensrichter und Verhandlungsmediator entwickelt.

Es fließen Elemente aus der Spieltheorie nach von Neumann/Morgenstern, der Integralen Theorie nach Ken Wilber und dem Harvard Modell nach Fisher/Ury/ Patton ein.

Selbstverständnis

Die Methode hat das Ziel eine vertrauensbasierte Arbeitskultur zu etablieren, mit der Überzeugung hierdurch einen nachhaltigen und ganzheitlichen Erfolg zu erzielen.

Kernelemente und Effekte

Im Mittelpunkt der Methode stehen fünf erlernbare Fähigkeiten, die es ermöglichen die Kultur in Systemen aktiv zu verändern:

• Kooperationsbereitschaft
• Offenheit
• Selbstverantwortung
• Bewusstsein für sich und andere
• Problemlösung und Verhandlung

Dabei stellt Radical Collaboration zur Verdeutlichung drei Kulturzonen gegenüber:

Die Rote Zone mit offen aggressivem Verhalten die sich beispielhaft an folgenden Mustern erkennen lässt:

• Angst vor Fehlern
• Arbeit wird als Last wahrgenommen
• Geringes Vertrauen
• Hoher Fokus aus Schuldzuweisung
• Feindseligkeit
• Zynismus
• Rechtfertigungsdruck

Die Rosa Zone mit passiv aggressivem Verhalten mit diesen Beispiel Mustern:

„Political Correctness“ als leere Verhaltenshülle
• Nette Umgangsformen
• Scheinbare Harmonie
• Keine offene Ehrlichkeit
• Unklaren Rollen
• Umständliche Entscheidungsfindung
• Mangelnde Entscheidungsumsetzung
• Fehlendes kritisches Feedback
• Nur physische Anwesenheit

Die grüne Zone mit Respekt und Ehrlichkeit und Beispielhaft diesen Verhaltensmustern:

• Hohes Maß an Vertrauen
• Schuldfrage von geringer Wichtigkeit
• Gegenseitige Unterstützung
• Gemeinsame klare Ziele
• Dialogorientiert
• Risikobereitschaft
• Optimismus
• Spaß an der Arbeit

Hierbei wird die grüne Zone als die erstrebenswerte Kultur betrachtet und ein kontinuierlich darauf hinarbeiten als die Aufgabe eines jeden, um das Ziel der vertrauensbasierten Arbeitskultur zu etablieren.

Unzufriedenheit mit den Status Quo führt nicht automatisch zu Veränderungen.

In den Betrachtungen von Jim Tamm sind immer wieder der rationale Wunsch nach Veränderung und die Unzufriedenheit mit einem Ist-Zustand dem Verharrungsvermögen von Systemen gegenübergestellt.

Der Radical Collaboration Ansatz führt dieses Verharrungsvermögen auf Abwehrverhalten der Individuen zurück, das eine konstruktive Zusammenarbeit be-/ verhindert, und stellt folgende Hypothese auf:

Abwehrverhalten ist nicht zum Schutz vor anderen Menschen da, sondern zum Schutz vor Ängsten und Gefühlen die wir nicht fühlen wollen. In diesem Abwehrmodus ist Kollaboration nicht möglich und Verletzungen entstehen.

Dieses Abwehrverhalten ist immer angstbasiert, biologisch bedingt, unbewusst, autonom, energiegeladen. Es ist nur vorübergehend befreiend und langfristig schädlich.

Vorgehen im Workshop

Über eine Beispielliste von „Umschaltverhalten in den Abwehrmodus“ wird den Teilnehmern ein einfacher Zugang zur Selbstreflektion geboten um die eigenen primären Verhaltensmuster zu benennen und dafür jeweils einen individuellen Interventionsplan zu entwickeln.

Ziel dieses Interventionsplans ist es frühe Signale für das Umschalten in ein Abwehrverhalten bewusst zu machen und ein Interventionsverhalten parat zu haben.

Ist ein Individuum bereits im Abwehrmodus, kann es ohne vorher etablierte Verhaltensmuster aus sich heraus keine rationalen Auswege mehr finden. So wird ein praktisches Instrumentarium der kurzfristigen Musterunterbrechung aufgebaut.

Darüber hinaus wird mit Übungen und Beispielen (Bertrand-Wettbewerb, Gefangenendilemma, aktives Zuhören, „Crossing the Line“, Interessenbasierte Verhandlung) das Erleben ermöglicht und in den angeschlossenen Reflektionen die Auseinandersetzung mit den dabei aufkommenden Emotionen gefördert.

Auseinandersetzung

Systemisches Coaching – Haltung und Selbstverständnis

Der systemische Ansatz geht davon aus, dass soziale Systeme komplexe Netzwerke sind und sich nicht monokausal oder linear darstellen lassen.

Netzwerke sind von kontinuierlichen Wechselwirkungen und Interaktionen geprägt und können nur kontextual betrachtet werden.

Das darauf beruhende systemische Coaching geht davon aus, dass jedes Verhalten aus der Sichtweise des handelnden Individuums grundsätzlich sinnhaft ist.

Die Herausforderung für die Individuen im System besteht darin, die eigene Interpretation des Handelns anderer nicht als Wahrheit anzusehen.

Aufgrund der kontinuierlichen Wechselwirkung kann ich als Individuum durch eine Veränderung des Kommunikations-, Wahrnehmungs- und Interpretationsverhaltens auch das Verhalten des Systems verändern.

Daher ist das Ziel des Systemischen Coachings dem Klienten zu helfen dieses Verhalten zu erkennen und lösungsorientierte Veränderungen bei sich selbst zu finden.

Hierbei ist es wichtig für den Klienten eine klare Abgrenzung zwischen Wahrnehmung und Wertung zu finden, sowie einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, um von einer Problembetrachtung in eine Lösungsbetrachtung zu kommen.

Mithilfe von Mustererkennung, Selbstreflektion und Achtsamkeit kann der Client für sich neue Handlungsräume erschießen.


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