Menschliche Kommunikation

und wie sie gelingen kann

nach Paul Watzlawick

Abschlussarbeit von Jasmin Röseler, als PDF lesen


Wer war Paul Watzlawick?

Querdenker, Wirklichkeitsforscher, traditionell und doch modern, philosophisch-spirituell angehaucht… ein paar wenige Beschreibungen Paul Watzlawicks in Medien und Presse.

Paul Watzlawick wurde 1921 im österreichischen Villach geboren und war ein anerkannter Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler sowie Autor zahlreicher Bücher und Philosoph. Er war Vertreter des radikalen Konstruktivismus und hat sich dem systemischen Denken verschrieben.

Nach der Matura ereilte Watzlawick der Ruf zum Reichsarbeitsdienst und anschließend in den zweiten Weltkrieg, wo er 7 Jahre als Soldat und deutsch-englischer Wehrmachts-Dolmetscher tätig war. Bereits damals erkannte der junge Watzlawick, dass Kommunikation mehr ist als die reine Sprache und wie die scheinbare Wirklichkeit durch sie und entsprechendes Verhalten „geschaffen“ wird. So entwickelte er während der Verhöre Sympathien für „den Gegner“ und nutzte seine Beobachtungen, um unvollständig zu übersetzen. Die Gestapo verhaftete ihn daraufhin wegen „staatsfeindlicher Betätigung, Zersetzung der Wehrmacht sowie wegen Verstöße gegen das Heimtücken Gesetz“.

Nach Kriegsende führte Watzlawicks Weg ins heimatliche Villach. Das Elternhaus war von Briten besetzt, die den Sprachbegabten als Dolmetscher engagiert haben und ihn nach der Abberufung nach Italien mitnahmen. Während er für die Engländer in Venedig als Dolmetscher tätig war, inskribierte er an der Universität Ca´Foscari und studierte Philosophie und Philologie. Einem Regenguss in Zürich verdankte Paul Watzlawick die Ausbildung zum Psychotherapeuten. Ins Kaffeehaus geflüchtet las er einen Zeitungsartikel über das C.G.-JungInstitut, wo er die Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviert hat.

Mit 33 Jahren ging er nach Indien, wo er mit einer Psychotherapiepraxis Fuß fassen wollte, was jedoch scheiterte. In Indien gewann er dennoch wichtige Erkenntnisse und Paul Watzlawick lernte einen seiner spirituellen Lehrer, Jiddhu Krishnamurti, kennen. Auch sammelte er dort erste Yoga-Erfahrungen, was er bis zu seinem Lebensende praktizierte.

1957 wurde Paul Watzlawick an die Universität von El Salvador berufen, übernahm dort den neu gegründeten Lehrstuhl für Psychotherapie und Psychopathologie und unterrichtete Psychodynamik nach Freud.

1960 führte ihn sein Weg an das Mental Research Institute nach Palo Alto (Kalifornien), wo er auf seine wegweisenden Mentoren traf. Einerseits die beiden Psychiater Don D. Jackson und Milton Erickson (er nannte sie „geniale Praktiker“) sowie Gregory Bateson (Anthropologe und Theoretiker) und Heinz von Foerster (Biophysiker aus Wien stammend). Bald begann Paul Watzlawick aus dem Blickwinkel der in Palo Alto neu erfahrenen Erkenntnisse zu forschen und zu schreiben.

Ab 1976 lehrte er zudem an der Stanford University.

Paul Watzlawick verstarb 2007 in Folge einer schweren Krankheit in seiner Wahlheimat Kalifornien.

Die 5 Axiome der Menschlichen Kommunikation

In seinem Buch „Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien“ beschreibt Watzlawick u.a. anhand seiner 5 Axiome (Grundregeln, die als Wahrheit anerkannt und keines weiteren Beweises bedürfen) wie zwischenmenschliche Kommunikation funktionieren kann und wie eng Beziehungen mit Kommunikation verbunden sind. Ebenso zeigt er anhand der Grundregeln auf, wieso und weshalb die Kommunikation auch viel Konfliktpotential in sich tragen kann und warum es lohnenswert ist, genau hinzuschauen, hinein zu fühlen und zuzuhören.

Alle auf einen Blick

1. AxiomMan kann nicht nicht kommunizieren
2. AxiomJede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei Letzterer den Ersteren bestimmt
3. AxiomDie Natur der Beziehung ist durch die Interpunktion der Kummunikationsabläufe seitens der Partner bedingt.
4. AxiomDie menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten
5. AxiomKommunikation ist symmetrisch oder komplementär, je nachdem ob die Beziehung der beiden Partner auf Gleichheit oder Ungleichheit beruht.

1. Axiom
„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Das 1. Axiom besagt, dass es unmöglich ist, keine Signale zu senden und somit jeder Mensch zu jeder Zeit immer eine Information von sich preisgibt. Und zwar ab dem Moment, in dem ein Empfänger hinzukommt oder bereits anwesend ist. Denn auch ohne zu Sprechen kommunizieren wir. Wir verhalten uns.

Das bedeutet: Jeder Mensch kommuniziert immer bewusst oder unbewusst und dies auch ohne den Mund aufzumachen. Der Mensch kann sich nicht nicht verhalten und dies macht es unmöglich, nicht zu kommunizieren.

Ein Beispiel
Eine Person sitzt mit gesenktem Blick im Wartezimmer, die Arme sind verschränkt.
Sobald eine weitere Person hinzukommt (Empfänger) denkt dieser sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, dass die sitzende Person müde und/oder schlecht gelaunt ist.
Entsprechend antwortet (verhält) sich die hinzugekommene Person, indem sie ihn nicht anspricht.

Was so offensichtlich ist, nehmen wir häufig nicht wahr oder sind uns dessen nicht bewusst und Kommunikationsprozesse nehmen einen ungeplanten Verlauf.

Wie stark Beziehungen und Emotionen das Kommunikationsverhalten bestimmen, beschreibt Paul Watzlawick anhand der 4 weiteren Axiome.

Das 2. Axiom
„Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei Letzterer den Ersteren bestimmt“

Jede Kommunikation beinhaltet einen rein sachlich-inhaltlichen Aspekt, der nicht interpretierbar ist und gleichzeitig auch einen Teil, welcher von Emotionen und Beziehungen geprägt ist. Dieser zweite Teil spielt eine entscheidende Rolle in der Kommunikation, da er darüber bestimmt, wie der Inhalt verstanden wird. Der Beziehungsaspekt beschreibt, in welcher Beziehung Sender und Empfänger zueinanderstehen und wie ggf. die emotionale Verfassung der Gesprächspartner ist. Dies wiederum beeinflusst den gesamten weiteren Gesprächsverlauf.

Gesten oder Tonfall geben dem Gegenüber viele Zusatzinformationen. Zum Beispiel, ob sein Gesprächspartner ihn sympathisch findet oder eher nicht. Auch bei komplett identischem Sachinhalt, Wortwahl und -reihenfolge kann die Botschaft in komplett unterschiedliche Richtungen gehen.

Ein Beispiel
Ein Vorgesetzter sagt zu seinem Mitarbeiter: „Das haben sie gut gemacht“.
Je nach Art der Betonung und der Körpersprache kann dies ein ehrliches Lob (klar und freundlich) oder ein zynischer Kommentar zu einem Fehler sein (dann eher sarkastisch, abwertend).

Vieles in unserem Leben ist von Emotionen bestimmt und auch hier ist es der Fall. So entscheidet der Beziehungsaspekt darüber, ob und wie ein Gespräch weitergeführt wird.

Das 3. Axiom

„Die Natur der Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bestimmt“

Das 3. Axiom besagt, dass Kommunikation aus einem Reiz-Reaktions-Muster besteht. Das eigene Verhalten wird dabei als Reaktion auf das Verhalten des Gegenübers interpretiert.

Dabei werden die jeweiligen Startpunkte, die Interpunktionen, von jedem Menschen subjektiv wahrgenommen und können sich unterscheiden.

Mit dem 3. Axiom beschreibt Paul Watzlawick auch, dass Kommunikation als Regelkreislauf zu verstehen ist, in dem die objektive Festlegung von Start und Ende einer Kommunikation schlichtweg nicht möglich ist.

Ein Beispiel
(s. auch Schaubild A zieht sich zurück – B nörgelt -A zieht sich zurück – B nörgelt usw.)
Beginn der Kommunikation für B ist das Zurückziehen von A und darum nörgelt B Beginn der Kommunikation für A ist das Nörgeln von B und darum zieht sich A zurück

Konflikte entstehen dann, wenn sich die subjektive Wahrnehmung des Startpunktes der Kommunikation unterscheidet. In den so genannten Interpunktionskonflikten geht es mehr um die Schuldfrage als um die eigentliche Sache. Paul Watzlawick erkannte in dieser Art des Konfliktes ein klares Schema von regelmäßigen Ehekonflikten und nannte es „Teufelskreis der Kommunikation“. Gelöst wird dieser auf der Metaebene, indem sich die Gesprächspartner der Frage widmen, wie das Gespräch wieder ins Positive gewandelt werden kann.

Das 4. Axiom

„Die menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten“

Menschliche Kommunikation bedient sich einerseits digitaler Modalitäten, wie Schrift und Sprache und andererseits analoger Kommunikationselemente, wie Mimik oder Gestik die eine Analogie zum gesprochenen Wort herstellen.

Dabei bleibt in der analogen Kommunikation immer ein Interpretationsspielraum, wie die jeweilige Botschaft zu verstehen ist. Die digitale Kommunikation hingegen ist klar, deutlich und bleibt ohne Interpretationsspielraum.

Ein Beispiel
Eine Person versteht einen Sachverhalt nicht. Sie kann entweder

A) analog kommunizieren: fragen schauen und/oder die Stirn runzeln (Interpretationsmöglichkeit: „habe Kopfschmerzen“, „konzentriere mich“)
oder
B) digital kommunizieren: Aussage „Das habe ich nicht verstanden“ (klar, eindeutig, keine Interpretation möglich)

Sowohl Sprache als auch Schrift sind digitaler Natur und um sie zu verstehen bedarf es einer gemeinsamen Sprache. In der analogen Kommuni kation besteht eine Ähnlichkeitsbeziehung, die auch ohne gemeinsame Sprache verstanden werden kann. Beide können getrennt voneinander oder gleichzeitig auftreten.


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