Macht des Ankerns

NLP im Business Kontext

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Einführung
Ob wir es wollen oder nicht, ob wir es für gut heißen oder nicht, wir sind täglich in Verhandlungen involviert. Und wenn es nur um die Frage geht, welcher Film für das Abendprogramm auszuwählen ist, oder wir das griechische oder das italienische Restaurant bevorzugen. Die Technik des Ankerns ist hierbei ein hilfreiches Instrument.

Ankern ist ein Begriff, der auch im Bereich des NLP eine herausragende Bedeutung genießt. Bereits von Kind an haben wir bestimmte Verhaltensnormen über Anker verinnerlicht – positiv wie negativ.

Mit dieser Arbeit soll ein kurzer Einblick in die Ankertechnik im NLP Bereich als auch in die Technik des Ankerns im Rahmen von Verhandlungsstrategien gewährt werden.

Anker im NLP Bereich

Viele Verhaltensweisen bzw. Reaktionen auf bestimmte Ereignisse haben wir bereits als Kind abgespeichert und greifen auf diese Muster auch als Erwachsene regelmäßig zurück. Sommer (2008, S. 74) spricht dabei von Reiz Reaktions-Kopplungen. Diese Reiz-Reaktions-Kopplungen können positiver als auch negativer Natur sein. NLP hat das Ziel negative Reiz-Reaktions-Kopplungen durch positive zu ersetzen. Der Klient wird dabei in einen positiven Zustand versetzt, beispielsweise durch gedankliche Reisen in die Vergangenheit zu positiven Erlebnissen oder auch Erfolgen. Finales Ziel ist es diesen positiven Zustand mit einem selbst kontrollierbaren äußeren Signal zu verknüpfen, so dass der angesprochene positive Zustand quasi per Knopfdruck durch den Klienten ausgelöst werden kann (Sommer 2008: S. 74-76).

VAKOG

Anker können visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch oder auch gustatorisch – NLP kürzt das mit VAKOG abgesetzt werden. Kinästhetische Anker haben den Vorteil, dass sie zum einen eindeutig gesetzt werden können und zum anderen – insofern sie an einer adäquaten Körperstelle gesetzt werden – auch in Situationen, in denen Mitmenschen anwesend sind, unauffällig ausgelöst werden können (Sommer 2008: S. 77).

Beim Setzen eines Ankers sind laut NLP Lehre die TIGER Prinzipien maßgeblich (Sommer 2008: S. 78):

Timing des Reizes: Setzen des Reizes kurz vor dem Höhepunkt des inneren Zustandes; Beendigung, wenn Zustand beginnt nachzulassen
• Intensität des Zustandes: Intensive und assoziierte Wahrnehmung des inneren Zustandes.
Genauigkeit des Reizes: Eindeutige Erkennbarkeit des Reizes. Bei den häufig verwendeten kinästhetischen Reizen sind vor allem Körperstelle und ausgeübter Druck ausschlaggebend
• Einzigartigkeit des Reizes: Eineindeutige Verbindung des gesetzten Reizes mit dem inneren Zustand. Somit keine Mehrfachvergabe eines gesetzten Reizes für etwaige andere innere Zustände
• Reinheit des Zustandes: Keine Beeinträchtigung des inneren Zustandes durch etwaige negative Nebengeräusche. Bewusst sollen ausschließlich positive Ereignisse ohne negative Nebengeräusche geankert werden.

Auflösen negativer Anker

Beim Auflösen negativer Anker ist es zunächst wichtig, sich dieser zunächst bewusst zu werden. Der Klient macht sich somit einer negativen Situation bewusst, die regelmäßig nach gleichen oder ähnlichen Reiz-Reaktions Kopplungen abläuft. Der negative Anker wird dann mit einem positiven Anker verschmolzen beziehungsweise ersetzt.
Sommer (2008: S. 80) beschreibt das hierfür notwendige strukturierte Vorgehen wie folgt:

• Beschreibung und Ankern des Problems des Klienten
• Beschreibung und Ankern des positiven inneren Zustandes (Ressource = positive Erlebnisse oder Erfolge)
• Auslösen beider Anker, positiver und negativer Anker verschmelzen
• Erfolg des Ankerverschmelzens wird getestet, indem Klient an das Problem denkt und seine Reaktion überprüft wird
• Mithilfe des Future Pace wird die Einstellung des Klienten geprüft, wenn ihm in Zukunft das Problem begegnet

Anker im Bereich der Verhandlungsstrategie

Ankern spielt auch im Bereich der Verhandlungsstrategie eine bedeutende Rolle. So ist das Ankersetzen eine machtvolle Technik, die im Rahmen von Verhandlungen sowohl in Großkonzernen als auch im alltäglichen Konsumentenverhalten regelmäßig zu beobachten ist. Wie machtvoll Anker sein können zeigt folgendes Zitat von C. S. Lewis (Nasher 2015: S. 193):

Setze auf den Himmel und du bekommst die Erde dazu, setze auf die Erde und Du bekommst nichts.

Ankersetzen

Diejenige Verhandlungspartei, die ein erstes Angebot abgibt, setzt mit ihrem Angebot einen Anker. Selbst wenn die andere Verhandlungspartei ein von diesem Anker stark abweichendes Verhandlungsziel verfolgt, wird mit dem Eröffnungsangebot bereits ein Pfahl eingeschlagen – der Anker ist gesetzt. Der Anker liefert somit einen Referenzpunkt, der die Erwartungen der Beteiligten maßgeblich beeinflusst. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, ob der Referenzpunkt sachlich begründet ist. So wird beim Ankern häufig mit einem stark überzogenen Angebot – das kann preislich stark nach oben als auch nach unten ausschlagen, je nach Verhandlungsziel und perspektive – eröffnet (Nasher 2015: S. 193-203). Nasher (2015: S. 198- 199) spricht dabei vom Highballing, das er an einem Beispiel dem Leser eingängig näher bringt:

Als „Dead Dog on the Table“ wird der Trick bezeichnet, dem anderen ein fast schon unverschämtes Angebot zu unterbreiten und hart dafür zu kämpfen. Dann aber, kurz bevor es zum Abbruch der Verhandlung kommt, wird eine realistischere Alternative präsentiert, die nun wie ein großes Enggegenkommen aussieht. Dabei ist es genau dies, was der Verhandler von Anfang an wollte. Hier wird neben dem Kontrasteffekt das Prinzip der Gegenseitigkeit aktiviert: Sie kommen Ihrem Gegenüber scheinbar erheblich entgegen, und er fühlt sich verpflichtet, Ihren Schritt zu erwidern.

Midpoint Rule

Das Setzen von relativ extremen Ankern führt häufig dazu, dass das eigentliche Verhandlungsziel leichter erreicht werden kann. Unterstützt wird diese These durch die Midpoint Rule. Gemäß dieser These treffen sich die Verhandlungspartner häufig in der Mitte ihrer jeweiligen Angebote. Die Mitte wird als faire und partnerschaftliche Einigung betrachtet. Je extremer das erste Angebot ausfällt (Anker), umso stärker verschiebt sich die Mitte zugunsten der angebotsabgebenden Verhandlungspartei. Obgleich beim extremen Ankern das ausgesprochene Erstangebot nicht jedweder wissenschaftlichen Prüfung standhalten muss, so ist doch eine maßvolle Nachvollziehbarkeit notwendig um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren oder gar als unverschämt wahrgenommen zu werden (Nasher 2015: S. 201-203).

In größeren Organisationen werden verfahrene Verhandlungssituationen nicht selten an die nächsthöhere Managementebene eskaliert. Grundregel hierbei lautet: Je höher die Management Ebene, umso geringer die Detailkenntnis. Die fehlende Detailkenntnis auf Managementebene begünstigt eine Einigungslösung in der Mitte. Umso wichtiger und wertvoller sind die vorab kommunizierten Anker, um ein bestmögliches Verhandlungsergebnis herbeizuführen.

Eliminieren von Ankern

Stellt Verhandlungspartei A einen Anker in den Raum, der ganz offenbar absurd überzogen ist und setzt mit diesem Anker Verhandlungspartei B unter Druck, so sollte Verhandlungspartei B  unverzüglich den Anker wieder aus dem gemeinsamen Raum entfernen. Ansonsten verbleibt der Anker bestehen und wird regelmäßig von Partei A als Ausgangspunkt für mögliche Zugeständnisse genutzt, die dann als großzügiges Entgegenkommen verkauft werden. Gesetzte Anker, die auf Sand gebaut sind, können durch einfaches Hinterfragen, beispielsweise bestimmter Kalkulationselemente, aufgelöst werden. Die entsprechende Argumentation muss klar aufzeigen, dass der gesetzte Anker keine seriöse Bezugsgröße darstellt (Nasher 2015: S. 204).

Zu welchem Zeitpunkt ist Ankern sinnvoll?

Wenn man als Verhandlungspartei keinerlei Kenntnis über den Preis eines Verhandlungsgegenstandes hat, so empfiehlt es sich abzuwarten und der anderen Verhandlungspartei es zu überlassen ein erstes Angebot zu machen. Gerade bei Verhandlungsgegenständen, deren übliches Preisniveau sich gänzlich der eigenen Kenntnis entzieht, besteht die Gefahr, dass mit der Abgabe eines ersten Angebotes ein Anker gesetzt wird, der teils sogar weit unter dem Preisniveau liegt, das die andere Verhandlungspartei bereit zu zahlen gewesen wäre. Nasher (2015: S. 207) beschreibt das an folgendem Beispiel:

Der erste Film der Beatles war „A Hard Day’s Night“. Ihr Manager, Brian Epstein, wusste nicht viel über das Filmgeschäft und verlangte 7,5 Prozent des Gewinns. Die Produzenten stimmten sofort zu. Tatsächlich waren sie bereit gewesen, den Beatles 25 Prozent zu überlassen. Der Film wurde sehr erfolgreich, aber die Beatles verdienten einen Bruchteil von dem, was sie hätten verdienen können.

Wenn man allerdings den Preis eines Verhandlungsgegenstandes relativ gut einschätzen kann, so empfiehlt es sich die Erwartungen der anderen Verhandlungspartei baldmöglichst auf ein Minimum oder Maximum – je nachdem, was für einen günstig ist – zu reduzieren oder zu erhöhen.

Fazit

Sowohl im NLP Bereich der Persönlichkeitsentwicklung als auch im Bereich der Verhandlungsstrategie sind Anker macht- und wertvolle Werkzeuge. In Kombination können sie die Ergebnisse von Verhandlungen außerordentlich beeinflussen.


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Literaturverzeichnis

Jochen Sommer (2008): NLP for Business, Mit NLP zum beruflichen Spitzenerfolg, 2. Auflage, Offenbach: Gabal Verlag GmbH.
Nasher, Jack (2015): Deal! Du gibst mir, was ich will!, 3. Auflage, München: Wilhelm Goldmann Verlag.