Generationenkonflikte

Coaching anhand des Inselmodells

Abschlussarbeit von Matthias Schwuchow, als PDF lesen


Einleitung

Ich verstehe dich nicht mehr.
Das bist doch gar nicht mehr du.
Du musst endlich mal erwachsen werden.

Solche Sätze hört Torben, 30 Jahre, immer wieder von seinen Eltern, wenn er zu Besuch ist oder mal wieder zum Telefonhörer greift.

Besuche, Telefonate, gemeinsame Zeit mit seinen Eltern. All das, was immer seltener wird, seitdem er sich eigentlich eher angegriffen als wirklich verstanden fühlt.

Die einzige Schutzstrategie, die Torben kennt, ist die Flucht und somit verringert er seit Kurzem die Kontaktzeiten zu seinen Eltern.

Dabei würde er viel lieber mit ihnen darüber sprechen und verstehen, wieso sein Leben in ihren Augen plötzlich so abwegig sei.

Er hat doch schon so oft probiert, sie davon zu überzeugen, dass man sein Leben heutzutage ganz anders bestreiten und genießen könne.

Wieso lassen sie sich nicht darauf ein?

Und was heißt das überhaupt:

Du musst endlich mal erwachsen werden“?

Ist er das mit 30 Jahren nicht schon?

Der Stress und die Verantwortung auf Arbeit sagen ihm in den letzten 10 Jahren eigentlich etwas Anderes.

Was also ist der Unterschied zwischen dem 30 Jahre alten Torben auf Arbeit und dem Kind Zuhause, welches anscheinend nicht weiß, wie man sein Leben zu leben hat?

So oder so ähnlich sieht es heutzutage in vielen Köpfen der 20-35jährigen und deren Eltern-Kind-Beziehungen aus.

Man nennt es den Generationenkonflikt.

Ob das ein neues Phänomen ist oder nicht, darüber lässt sich streiten, aber die heutige – vor allem schnelle – Lebensweise, der Druck, sich ständig weiterzuentwickeln und technologischer Fortschritt, der die Menschen der nachfolgenden Generation schon überfordern kann, wirken wie Brandbeschleuniger für das Konfliktpotential.

Ich möchte dieses Thema einmal sachlich und aus einer Coaching-Perspektive heraus analysieren und vor allem Lösungsansätze mitgeben, wie man solche Generationenkonflikte minimieren oder ihnen ganz entkommen kann.

Hierfür werde ich auf das sogenannte Inselmodell von Vera F. Birkenbihl, den systemischen Ansatz und das allgemeine Thema der Haltung eingehen.

Generationenkonflikt

Zunächst einmal müssen wir sicherstellen, dass wir beim Wort „Generationenkonflikt“ an das Gleiche denken, um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen.

Was bedeutet es also für mich?

Es gibt viele Bereiche, in denen wir Generationenkonflikte vorfinden, ob nun politisch, sozial-gesellschaftlich oder kulturell.

Brandaktuell ist hier als Beispiel der Klimawandel zu nennen, der zu enormem Streitpotential zwischen jungen und älteren Generationen führen kann.

Ich würde allerdings gern das familiäre Konfliktpotential beleuchten, das durch Gegensätze zwischen Jung und Alt, also der Kinder- und der Elterngeneration, entsteht.

Ich beschreibe mit diesem Wort gern den Zustand, dass Eltern und Kinder sich nicht mehr verstehen und auch nicht mehr zuhören. Sie haben aufgehört, sich als Teil voneinander zu sehen und begonnen, die jeweils anderen aus der Vogelperspektive zu betrachten.

Hier kommen gern die Sätze ins Spiel, die auch Torben zu gut kennt:

Ich verstehe dich nicht mehr das bist doch gar nicht mehr du!

Heißt: das ist nicht mehr der Sohn, wie ich ihn erzogen habe, mit meinen Werten, mit meinen Idealen und vor allem meinen Zielen.

Das habe ich für ihn nicht so vorgesehen

Es werden Fronten aufgebaut und die Kommunikation verändert sich von einem gemeinsamen „Wir“ zu einem „Du“ oder „Ihr“.

Wenn Kinder beginnen, einen anderen Lebensweg zu beschreiten und eine andere Lebensweise für sich zu wählen, ohne die Eltern mit auf den Weg zu nehmen oder ohne Verständnis von den Eltern für ihren Weg zu spüren, kann es zu eben diesem Generationenkonflikt kommen.

Hier gibt es unendlich viele Konfliktthemen, die zu solch einer Abnabelung führen.

Ein paar Beispiele:

▪ Wenn das Kind ins Ausland zieht und die Eltern zurücklässt

▪ Wenn das Kind eine/n Partner/in aus einer anderen Kultur findet und sich dieser Kultur anpasst

▪ Wenn sich das Kind entscheidet, im Gegensatz zu den Eltern auf eine berufliche Karriere zu verzichten oder andersherum, den Karriereweg zu wählen

▪ Wenn das Kind spürbar erwachsen und unabhängig wird

▪ Wenn das Kind eine andere politische Meinung vertritt

▪ Und viele mehr…

All das kann zu einer Veränderung der Beziehung zwischen Eltern und Kind bis hin zum Zerwürfnis führen.

Damit es nicht so weit kommt, möchte ich meine Sichtweise zu dem Thema darlegen und Angebote machen, wie man die Beziehung grundlegend verbessern kann.

Hierfür ziehe ich zur Veranschaulichung das Inselmodell heran.

Das Inselmodell

Das Inselmodell von Vera F. Birkenbihl ist ein Modell, anhand dessen man bildlich darstellen möchte, wie stark unsere Wahrheiten, Glaubenssätze und eigenen Erfahrungen unsere zwischenmenschliche Kommunikation jederzeit beeinflussen.

Das Interessante ist, dass das Modell nicht nur die Kommunikations-, sondern auch die Beziehungsebene betrachtet, die bei jedem Aufeinandertreffen von zwei Menschen eine große Rolle spielt.

Beide Ebenen sind für den Generationenkonflikt extrem wichtig, sodass es sich lohnt, das Thema anhand des Inselmodells zu beleuchten.

Was sagt das Inselmodell aus?

Jeder Mensch lebt auf seiner eigenen Insel.

Vera F. Birkenbihl sprach sogar davon, dass wir alle IN unserer Insel leben, denn es ist unmöglich, die Insel innerhalb unseres Lebens zu verlassen.

Diese Insel hat sich durch verschiedene Erfahrungen und Bewertungen gebildet, darunter zählen:

▪ Erziehung

▪ Persönliche Erfahrungen

▪ Wissen

▪ Stress

▪ Interessen

▪ Ängste

▪ Pläne

▪ Ziele

▪ …


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