Führung und Coaching

Übertragung der Ausbildungsinhalte

„Systemischer Coach“ in die Führungspraxis

Abschlussarbeit von Christian Barbezat, als PDF lesen


Einleitung

Die Arbeitswelt unterliegt seit jeher einem stetigen Wandel.

Themen wie digitale Transformation, die Entwicklung hin zum agilen Arbeiten aber auch der immer weiter steigende Anteil an Wissensarbeit hat den Wandel bei der Mitarbeiterführung aus meiner Sicht noch einmal beschleunigt.

Daneben führt dass in vielen Berufsbereichen gestiegene Qualifikationsniveau, weg vom klassischen dualen Ausbildungsberuf hin zur akademischen Ausbildung, mit einer gestiegenen Fach- und Methodenkompetenz auf Seiten der Mitarbeiter zu einer gestiegenen Erwartungshaltung an selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Arbeiten.

Das gilt aus meiner Sicht ebenso für die Wertevorstellungen in der Arbeitswelt.

Hat in der Vergangenheit die Führungskraft noch das Ziel und auf dem Weg dorthin als „Fachvorgesetzter“ Prozesse und Handlungsweisen vorgegeben, muss moderne Führung meiner Meinung nach wesentlich stärker auf die Befähigung der Mitarbeiterinnen zur Zielerreichung ausgerichtet sein.

Dabei bezieht sich Befähigung für mich sowohl auf die Förderung der Kenntnisse und Fertigkeiten der Mitarbeiter als auch auf die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation.

Die Anforderungen an die Mitarbeiterführung erfordern aus meiner Sicht einen größeren Anteil an Beratung und Coaching in der täglichen Führungsarbeit.

Gerade vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen bin ich davon überzeugt, dass Wissen und Methodenkompetenz zum Coaching eine wertvolle Ressource für in der Führungsarbeit darstellt.

Rollenverständnis Führungskraft, Berater, Coach

Inwieweit eine Führungskraft auch Coach sein kann oder die Rollen im Konflikt miteinander stehen, wird kontrovers gesehen.

Daher ist es wichtig für die Führungskraft ein Rollenverständnis zu entwickeln, in welchen Fällen die CoachRolle eingenommen werden kann, ohne dass es zu einen Zielkonflikt mit der Führungsrolle kommt.

Von daher ist es aus meiner Sicht wichtig sich über die Unterschiede in den Rollen Führungskraft, Berater und Coach bewusst zu werden.

Führungskraft

Die Führungskraft führt Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel hin.

Dies erfolgt in der Regel durch Einflussnahme auf das Verhalten der Mitarbeiter, mit dem Ziel, Arbeitsaufgaben erwartungsgemäß erfüllen zu können, Problemsituationen selbstständig zu lösen und dabei die bestmögliche Arbeitsleistung erbringen zu können.

Berater

Der Berater erteilt Rat oder Ratschläge mit dem Ziel der Wissensvermittlung und -erweiterung.

Auf Basis seiner Erfahrung und Fachexpertise gibt er dabei in der Regel Lösungsvorschläge für bestehende Probleme vor.

Coach

Der Coach leistet Hilfe zur Selbsthilfe.

Er unterstützt durch Förderung der Selbstreflexion und dem Ermöglichen der Einnahme anderer Perspektive auf ein Problem hin.

Er arbeitet dabei in der Regel auf der Beziehungsebene zur Lösung personenbezogener Fragestellungen und steuert den Lösungsprozess mit der dafür notwendigen Methodenkompetenz.

Systemische Ansätze als Führungswissen

Konstruktivismus

Im Umgang mit anderen Menschen ist man schnell geneigt, seine Sicht der Dinge auf andere Personen zu übertragen, in der Annahme, dass diese allgemeinverbindlich sein müsste.

Der konstruktivistische Ansatz weckt ein Verständnis dafür, dass jeder Mensch seine eigene Wahrnehmung auf seine Umgebung, Ereignisse und Dinge hat und sich daraus seine eigene Wirklichkeit kreiert.

Systemtheorie

Durch die Kenntnis der Systemtheorie bekommt die Führungskraft ein Verständnis dafür, dass ein Mitarbeiter immer Teil eines Systems (z.B. das eigene Team oder die Familie) ist und das Verhalten und sein Denken von Kollegen, Vorgesetzten oder auch dem privaten Umfeld wie Familie und Freunde beeinflusst wird.

Sie hilft somit dabei, nicht nur den Blick auf den Mitarbeiter als Individuum zu richten, sondern bei der Lösung möglicher Probleme auch die Wechselwirkung mit anderen Beteiligten in Betracht zu ziehen.

Lösungsorientierung

In der Auseinandersetzung mit Problemen wird in vielen Fällen sehr viel Energie aufgewendet, um die Ursachen für ein Problem zu analysieren und den Schuldigen zu festzustellen.

Das Verständnis zur lösungsorientierten Vorgehensweise unterschützt die Führungskraft in Verbindung mit der Anwendung der systemischen Fragen dabei, den Blick in die Zukunft zu richten und Handlungsoptionen und -wege zu erarbeiten.

Bedeutung der Inneren Haltung und Wertschätzung für Coaching und Führung

Innere Haltung

Bei der inneren Haltung greift das Prinzip der „selbsterfüllenden Prophezeiung“.

Wie der Coach, muss sich auch die Führungskraft bewusst sein, das die eigene innere Haltung, wie sie ihrem Mitarbeiter begegnet, Einfluss auf dessen Verhalten hat.

Von den vier grundsätzlichen Lebenseinstellungen wird die innere Haltung „Ich bin ok – du bist ok“ als die angesehen, die eine Basis für ein konstruktives und effektives Coaching-Klima herstellt und mögliche Tendenzen zu psychologischen Spielchen vermeidet (Quelle: Script zur Ausbildung, Inkostellation).

Daher ist diese innere Haltung aus meiner Sicht nicht nur im Coaching-Kontext herzustellen, sondern auch im Rahmen von z.B. Kritikgesprächen.

Sofern hier keine Eskalation mit dem Ziel Verlust der Stelle angestrebt wird, besteht vergleichbar zum Coaching das Ziel, gemeinsam konstruktive Lösungen zu dem bestehenden Problem zu erarbeiten.

Wertschätzung als innere Haltung

Wertschätzung, als positive Bewertung eines anderen Menschen, ist ein wesentlicher Faktor für den Aufbau einer guten und vertrauensvollen Beziehung.

So wichtig diese Erkenntnis für die Beziehung zwischen Coach und Coachee ist, lässt auch dies sich meiner Meinung nach auf den Führungskontext übertragen und führt über den positiven Effekt eines besseren Arbeitsklimas hinaus.

Da, wie in der Fachliteratur beschrieben, Selbstwertgefühl und Selbstsicherheit in Zusammenhang stehen, ermöglicht Selbstsicherheit eine höhere Produktivität und stellt eine wichtige Ressource für das Bewältigen von Veränderungsprozessen im betrieblichen Alltag dar.

Einsatz systemischer Fragen im Rahmen der Mitarbeiterführung

Nachdem ich in den vorherigen Punkten einige für mich wichtige Themen zur Differenzierung Führungskraft, Berater und Coach, den systemischen, konstruktivistischen und lösungsorientierten Ansätzen des Coachings sowie der Bedeutung der Inneren Haltung und Wertschätzung und deren Bedeutung sowohl für den Coach als auch für die Führungskraft dargestellt habe, möchte ich in diesem Punkt näher auf die Möglichkeiten der Führungskraft als Coach eingehen.

Wie in der Einleitung beschrieben, bin ich der Meinung, dass die Befähigung, hier Förderung der Mitarbeiter, einen wesentlichen Teil der Führungsaufgabe schon heute einnimmt und auch weiter einnehmen wird.

Neben der Beratung, zur Wissensvermittlung und -erweiterung, ist hier aus meiner Sicht Coaching oder zumindest der Einsatz der in der Coachingausbildung vermittelten Fragetechniken eine gute Methode und Toolbox, Mitarbeiter durch nutzen Ihrer eigenen Ressourcen in der Problemlösung zu unterschützen.

Quelle für die nachfolgenden systemischen Fragetypen und deren Ziele ist die Tab. 1: Übersicht über systemische Fragetypen (nach Radatz, 2003, S. 184) :


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