Emotionaler Führungserfolg

Abschlussarbeit von Jana Arbeiter, als PDF lesen


„Der Schlüssel zu erfolgreicher Führung ist natürlich die Emotionale Intelligenz einer Führungskraft: wie sie mit sich selbst und ihren Beziehungen umgeht.“

(Goleman ua.2002)

Einleitung

In den 1990 er Jahren wurde von den Persönlichkeitspsychologen John D. Mayer und Peter Salovey das theoretische Konstrukt der Emotionalen Kompetenz entwickelt, der eine Schlüsselrolle beim Erreichen von sowohl beruflichen Zielen als auch für das private Glück zukommt.

Durch Goleman (1998), der die Annahme vertritt, dass die Unternehmenswelt einem Wandel unterliegt, der eine neue Art von Führung verlangt, wurde es vor allem im Rahmen von Führungsverhalten thematisiert.

So erfordern komplexe Aufgaben und Situationszusammenhänge in Unternehmen mentale Stärke und kollektive Emotionale Intelligenz.

Vor allem Führungskräfte stehen hier in der Verantwortung. Sie sollten in der Lage sein, hinter die Fassade der Menschen blicken zu können – bei sich selbst und anderen.

So können sie ihrem Gegenüber in einer wertschätzenderen Form begegnen (vgl. Arnold 2011).

In der vorliegenden Arbeit wird das Thema der Emotionalen Führung / emotional Leading umrissen. Dies geschieht, indem vorerst die zentralen Grundlagen emotionaler Führung herausgearbeitet werden.

Als Anregung für den Coachingprozess von Führungskräften werden dann praktische Anwendungsbeispiele gegeben.

Zentrale Aspekte von Emotionaler Führung

Emotionale Intelligenz ist das Wissen um die Kraft und Wirkungsmechanismen des Emotionalen.

Emotionale Kompetenz ist die Fähigkeit einer Person, ihre eigenen „ungenauen“ Reaktionstendenzen zu erkennen und diese in akuten Situationen zu vermeiden bzw. zu korrigieren. Emotionale Kompetenz setzt somit emotionale Intelligenz voraus und wird in der Literatur häufig gleichermaßen verwandt.

„Wenn Führungskräfte nicht die erforderliche Empathie aufbringen oder die Emotionen einer Gruppe nicht entschlüsseln können, erzeugen sie Dissonanz und vermitteln Botschaften, die die Empfänger unnötig aufregen“ (Goleman u.a. 2002, 39).

Nach Goleman (1998) fußt Emotionale Intelligenz auf fünf Säulen, die sind in die Ebenen der Selbst- und Fremdwahrnehmung einordnen lassen.

Voraussetzung für eine emotionale Führungskultur eine Führungskraft, die selbst über Emotionale Kompetenzen verfügt, um selbstreflexiver und damit auch systemisch wirksamer zu führen (vgl. Arnold 2011).

Emotionale Führung wird beschrieben als

Fähigkeit, von der emotionalen Welt des Anderen her zu führen.

und weiter:

„Hierfür ist die Fähigkeit, die emotionale Lage des Anderen in möglichst vielen Facetten zu erspüren und zu erkennen, eine grundlegende Voraussetzung, welche man aber nur entwickeln kann, wenn man in sich selbst die Einfärbungen durch das Emotionale in der eigenen Innenwelt aufgespürt hat.“ (Arnold 2011)

Im Zentrum steht, die Bedeutung aller Arten von Gefühlen zu erkennen und festzustellen.

Emotionales Führungsverhalten impliziert also, Gefühle zu verstehen und deren Bedeutung einschätzen können, um schließlich eigene Emotionen und die Gefühle anderer Menschen (bewusst) steuern zu können.

Es bedarf einer emotionalen Diszipliniertheit des Führungspersonals, nicht aus der eigenen inneren Logik heraus zu reagieren, sondern aus der wohlverstandenen emotionalen Suche des Gegenübers (vgl. Mourlane 2015).

„Emotionen sind konstruktiv. Emotionen weisen uns den Weg. Sie motivieren uns dazu, das Notwendige zu tun.“

(vgl. Caruso & Salovey 2005)

Hinter dem Konzept der Emotionalen Führung steht die Annahme, dass Emotionen immer konstruktiv sind. So waren Emotionen waren schon in der Urzeit sinnvoll, in der uns die Angst den Impuls zum Weglaufen und die Freude den Wunsch nach Wiederholung lieferte.

Auch eher negativ konnotierte Emotionen wie beispielsweise Wut, Angst oder Abscheu sind gleichermaßen konstruktiv und regen zum Überdenken und Vertiefen an.

Zumeist sind Emotionen Ausdruck der Verletzung oder Befriedigung der fünf psychologischen Grundbedürfnisse: Bindung, Orientierung, Lustgewinn, Selbstwerterhöhung und Kohärenz (Modell von Klaus Grawe in Mourlane 2015).

Die emotional kompetente Führungskraft geht also bewusst mit seinen und den Emotionen seiner Mitarbeitenden um, versucht diese im Ursprung zu verstehen und setzt sie anwendungsorientiert und konstruktiv ein.

Wie dies gelingen kann, beschreiben Caruso und Salovey (der eigentliche Begründer des Konstruktes der Emotionalen Intelligenz) anhand von vier Schritten.

    1. Emotionen erkennen und wahrnehmen: Emotionen enthalten immer Daten und Informationen.
    2.  Emotionen nutzen: Emotionen enthalten nützliche Aussagen und Bedeutungen. Sie geben einen Rahmen für Denk- und Handlungsprozesse.
    3.  Emotionen verstehen: Hinter Emotionen stecken Ursache- Wirkungszusammenhänge.
    4.  Emotionen managen: Die eigenen Emotionen und Gefühle können, wenn sie erkannt, genutzt und verstanden werden, bewusst in das eigene Denken, Entscheiden und Verhalten einbezogen werden.

Praktische Anwendung im Coaching von Führungskräften

Die Entwicklung von Emotionaler Intelligenz steht also im Kern der Vorrausetzung von Emotionaler Führung.

Emotionale Intelligenz befreit den Menschen zu situationsangemessenem Verhalten, indem der eigene Handlungsspielraum erweitert wird und die bisher unbewusste Gefühlswelt in das aktive Bewusstsein rückt.

Insbesondere in beruflichen Kontexten ist dies eine wichtige Voraussetzung für zielorientiertes, verantwortungsbewusstes Handeln und eine entsprechende Gestaltung von Beziehungen, denen dabei eine grundlegende Rolle zukommt (vgl. Gieseke 2016).

So sollte das Ziel emotionaler Bildung sein, die (re-)konstellierend wirkenden „inneren Erfahrungen“ durch Lernprozesse zugänglich zu machen und zu unterbrechen und so eine selbstreflexive emotionale Achtsamkeit auszubilden (vgl. Arnold & Pachner 2013).

Dies kann auch Gegenstand eines Coachings sein.

Arnold entwickelt zehn Gebote emotionaler Führung, die als Anregung für Coachingprozesse mit Führungskräften gelten können.

Die 10 Gebote Emotionaler Führung(vgl. Arnold 2011)

Emotionale Alphabetisierung
Information(1) Informiere Dich darüber, welche Emotionen es gibt, aus welchem Stoff das Emotionale ist und wie Emotionen das Handeln der Menschen bestimmen!
Auswege(2) Lerne die 5 „Wege aus der Emotionsfalle“ (z.B. „Antwortverschiebung“) kennen und übe diese im täglichen Umgang! (vgl. Tool P)
Lerberatung(3) Vermeide elternhaftes und/oder gar kränkendes Auftreten und stärke Gefühle der Selbstwirksamkeit in Deinem Gegenüber!

Emotionale Selbstreflexivität
Selbstanalyse(4) Identifiziere die typischen Grundmuster Deiner Seele. Entwickle eine Landkarte Deiner bevorzugten Ich-Zustände für Dein inneres Portfolio!
Loslassen(5) Beschließe, Deinen bevorzugten Ich-Zuständen nicht mehr zur Verfügung zu stehen und trainiere Alternativen.
Wachstum(6) Fasse den Beschluss, in den Unterschied Deiner Gewohnheiten (z.B. i.S. von „inneren Exkursionen“ zu gehen.

Emotionale Resonanzfähigkeit
Achtsamkeit(7) Gehe achtsam mit den unterschiedlich ausgeprägten emotionalen Kompetenzen Deines Gegenübers um und vermeide Bewertungen!
Angstminderung(8) Wirke angstmindernd – auch und gerade angesichts beängstigender Lagen (z.B. Prüfungen)!
Bindungsarbeit(9) Bemühe Dich um die Stärkung und Förderung der Bindungen und Beziehungen in Deinem Team (z.B. Ausbildungsgruppe, Abteilung, Arbeitsgruppe) durch gezielte beziehungsstiftende Maßnahmen!
Integration(10) Vermeide Ausgrenzungen! Lassen niemanden zurück, befasse Dich gerade mit denen, die durch Provokationen auf sich aufmerksam machen und fördere gezielt Talente!

Insgesamt ist die konstruktivistische Haltung, dass Emotionale Intelligenz im Unternehmenskontext erfolgreich und notwendig ist, hilfreich, um unternehmensbezogene Coaching Prozesse entsprechend zu begleiten.

Das Wissen um das Konzept der Emotionalen Intelligenz dient also als brauchbares theoretisches Gerüst für (angehende) Coaches.


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Quellen

Arnold, R. (2011). Emotionale Führung. In M. Göhlich, S. M. Weber, C. Schiersmann, & A. Schröer (Hrsg.), Organisation und Führung: Beiträge der Kommission Organisationspädagogik. S. 301–310. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93298-9_26

Arnold, R., & Pachner, A. (2013). Emotion – Konstruktion – Bildung: Auf dem Weg zu emotionaler Kompetenz. In B. Käpplinger, S. Robak & S. Schmidt-Lauff (Hrsg.), Engagement für die Erwachsenenbildung. Ethische Bezugnahmen und demokratische Verantwortung. S. 21-28. Wiesbaden: Springer VS.

Caruso, D. R., & Salovey, P. (2005). Managen mit emotionaler Kompetenz: Die vier zentralen Skills für Ihren Führungsalltag. Campus Verlag.

Gieseke, W. (2016). Lebenslanges Lernen und Emotionen: Wirkungen von Emotionen auf Bildungsprozesse aus beziehungstheoretischer Perspektive (3. überarbeitete Auflage). wbv.

Goleman, D. (1998): Emotionale Intelligenz. 5. Auflage. München.

Goleman, D. et al. (2002): Emotionale Führung. München.

Mourlane, D. (2015). Emotional Leading: Die Kunst, sich und andere richtig zu führen (Orig.-Ausg). dtv.