Rolle der Sprache und Umgang mit Fremdsprachen

Abschlussarbeit von Florian Fritz, als PDF lesen


Meine Erfahrungen auf Spanisch

Im Laufe meiner Coaching Ausbildung bei InKonstellation habe ich verschiedene Coaching Sitzungen mit Klienten online und in Person durchgeführt.

Zunächst waren all meine Klienten deutschsprachig.

Nach etwas Überlegung und Zögern habe ich mich dazu entschieden zwei Klienten aus Lateinamerika zu coachen.

Warum habe ich gezögert?

Mir war bewusst, dass dieses Coaching über die gewöhnlichen Herausforderungen hinaus aufgrund der sprachlichen Gegebenheiten besonders anspruchsvoll werden würde. Ich dachte mir bereits, dass ich während des Coachings wahrscheinlich öfters in Straucheln geraten würde.

Zudem sollte man vielleicht wissen, dass ich ein trilinguales Studium in Sprach- und Kulturwissenschaft erfolgreich abgeschlossen habe. Ich habe also zum Teil auf Englisch, Französisch und Spanisch studiert und bin vertraut mit diesen Sprachen.

Trotz meines hohen Sprachniveaus und der Vertrautheit im Umgang mit dem Spanischen hatte ich also Bedenken.

Woran lag das?

Ich dachte mir, dass ich einerseits wahrscheinlich einige technische Begriffe nicht kennen werde, wenn es um bestimmte Themen geht (bspw. spezielle Begriffe aus dem Arbeitskontext). Andererseits fragte ich mich, ob ich bestimmte systemische Fragetechniken und Methoden in einer Fremdsprache genauso hinkriegen würde wie in meiner eigenen Muttersprache.

Wie sich im Verlauf der Sitzung herausstellten sollte, waren beide Bedenken gerechtfertigt. Dazu aber später mehr.

Ich fing also an mich zu fragen, welche Rolle Sprache im Coaching spielt.

Mir war während der Ausbildung ein äußerst spielerischer Umgang mit Sprache (Verwendung von Metaphern und anderen stilistischen Mitteln) immer wieder aufgefallen. So ist das Neurolinguistische Programmieren (NLP) aus meiner Perspektive ja auch ein essentieller Bestandteil vieler Coaching Methoden und Tools.

Wie im Wort drinsteckt (neuro-linguistisch), verwendet das NLP häufig sprachliche Mittel wie Metaphern und bildliche Sprache im Allgemeinen.

Das hieß für mich, dass Sprache grundsätzlich einen wichtigen Anteil im Coaching Prozess spielt.

Ausgehend von der Annahme, dass Sprache unser Denken formt und beeinflusst, ging ich davon aus, dass das Erkennen von und das Arbeiten mit sprachlichen Mustern (wie die Verwendung bestimmter Wörter und Ausdrücke) wichtig für die Hypothesenbildung sowie die Anwendung von bestimmten Techniken (systemische Fragen) und Tools (Aufstellung etc.) ist.

Weiterhin gehe ich davon aus, dass wenn man eine Muttersprache hat und nicht bilingual aufgewachsen ist, man die eigene Muttersprache auf einem sehr differenzierten Niveau beherrscht und einen gewissen Wortschatz mit einer gewissen Bandbreite an Synonymen besitzt und grundsätzlich in der Lage ist adäquat und flexibel mit verschiedensten sprachlichen Fachgebieten (Fachwörter) umzugehen.

Im Gegensatz dazu, so meine Annahme, verfügt man in einer später erlernten Fremdsprache nicht über die gleichen sprachlichen Mittel und Voraussetzungen.

Was bedeutet das konkret für das Coaching in einer Fremdsprache?

Während meines Coachings mit Klient 1 und 2 sind mir folgenden Dinge aufgefallen:

– Häufige Missverständnisse aufgrund einer „falschen“ Wortwahl meinerseits
(Klient versteht meine Aussage bzw. Frage nicht)

Verwendung von Metaphern und bildlicher Sprache mir nicht oder nur in sehr begrenztem Maße gelungen

Mangel an Synonymen zur sprachlichen Ausgestaltung bzw. falls Umformulierung bestimmter Sätze/Fragen notwendig

Zu den Missverständnissen

Im Vergleich hat das Coaching mit Klient 2 häufiger zu Missverständnissen im Bereich Wortwahl und Ausdruck geführt als mit Klient 1.

Konkret bedeutet dies, dass ich in der Sitzung mit Klient 2 häufiger Probleme hatte, bestimmte Wörter oder Ausdrücke, die dem lateinamerikanischen Spanisch eigen sind, zu reproduzieren oder zu finden.

Im Gegensatz zu Klient 1, war das Thema von Klient 2 (Arbeits- u. Wohnkontext) sprachlich betrachtet spezifischer und hat somit mehr Fachsprachenkenntnis erfordert. Dies machte es mir als Coach, der Spanisch erst im Erwachsenenalter erlernt hat, deutlich schwieriger.

Klient 1, welcher im Allgemeinen über verschiedene Lebensbereiche gesprochen hat und umgangssprachliche Begriffe verwendete, stellte für mein Vokabular eine geringere Herausforderung dar.

Darüber hinaus hatte ich in beiden Fällen häufiger Schwierigkeiten bestimmte Wörter oder Synonyme zu „finden“, um meine Fragen so verständlicher zu machen.

Auch grammatikalisch sah ich mich das ein oder andere Mal vor einer Herausforderung nicht nur korrekt, sondern auch für den Klienten verständlich zu sprechen. Gerade im Spanischen ist die Verwendung bestimmter Zeitformen und Modi (bspw. Subjuntivo) entscheidend für das Satzverständnis.

Ein Gefühl dafür zu bekommen, was wann eingesetzt wird, setzt einige Jahre Übung voraus.

Zur Verwendung bildlicher Sprache

Zunächst einmal überhaupt zu erkennen, ob mein Klient visuell unterwegs ist, fiel mir auf Spanisch wesentlich schwerer als auf meiner Muttersprache.

So habe ich mich u.a. gefragt, ob ich es überhaupt in allen Fällen raushören oder erkennen würde, wenn mein Klient bildliche Sprache benutzen würde.

Selber Dinge spielerisch und bildlich mit Sprache zu beschreiben, war für mich noch schwieriger. In der Sitzung mit Klient 2 habe ich beispielsweise versucht seine Emotionen bildlich zu beschreiben und somit zu personifizieren und von ihm zu dissoziieren.

Allerdings fiel mir dies aufgrund meines Wortschatzes relativ schwer und löste Verwirrung beim Klienten aus.

Darüber hinaus wusste ich mit einem deutlich kleineren Wortschatz und einem häufig engeren Wortverständnis (fehlendes Wissen über Kontextabhängigkeit bestimmter Wörter) als in meiner Muttersprache, im Spanischen oft nicht, wann bzw. ob Dinge komisch, ernst, sexuell etc. konnotiert sind und konnte somit nicht darauf eingehen.

Zum Vokabular

Wie bereits zuvor erwähnt,

fehlte mir des Öfteren eine gewisse sprachliche Alternative oder Auswahlmöglichkeit (Synonyme), um meine Fragen anders zu formulieren und somit für den Klienten verständlicher zu machen.

Bestimmte Ausdrücke, die ich im Deutschen verwenden würde und unbewusst eins zu eins ins Spanische übertragen hatte, führten beim Klienten zu einem Schmunzeln oder Unverständnis, da sie im Spanischen keinen oder einen anderen Sinn ergeben und anders übersetzt werden müssen.


als PDF weiterlesen