De Bonos Methode der Denkhüte

und ihre Anwendungsmöglichkeiten im Systemischen Coaching

Abschlussarbeit von Jana Geerken, als PDF lesen


Die „Six-Thinking-Hats“ nach De Bono

Edward De Bono konzipierte die Idee der „Six Thinking Hats“, also der sechs Denkhüte, um in Gruppendiskussionen und kreativen Brainstormings schnell zu Ergebnissen und Entscheidungen zu gelangen.

Genutzt werden dabei sechs unterschiedliche Denkmodi, um eine Fragestellung, ein Thema oder Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Angelehnt ist die Bezeichnung der Methode an den englischen Ausdruck „put on your thinking hat“, der übersetzt so viel bedeutet wie „scharf nachdenken“.

De Bono sieht den Vorteil in der Methode darin, dass nicht zu einem einzigen Zeitpunkt sämtliche möglichen Blickwinkel beachtet werden müssen, sondern Schritt für Schritt jeder Denkmodus seine Beachtung erhält.

So fokussiert man sich in einem Schritt besonders intensiv auf eine Blickrichtung, ohne von anderen Optionen abgelenkt zu sein.

In einer Phase werden bspw. die Gefahren im Zusammenhang mit dem Thema beleuchtet – hier alarmiert der schwarze Denkhut – in einer anderen Phase sammelt der weiße Denkhut Daten und Fakten zum Thema.

So wird ein Schritt nach dem anderen gegangen; am Ende entsteht dadurch ein vielfältiges und vollständiges Bild zu dem Thema.

Ein weiterer wichtiger Vorteil dieser Methode ist die Abgrenzung von seiner persönlichen Meinung oder Ansicht während des Denkhüte-Prozesses.

Laut De Bono werden in Teams mitunter Vorschläge oder Ideen abgelehnt, weil sie von einer Person stammen, die wir nicht leiden können. Oder wir möchten lediglich unseren Willen mit einer konkreten Idee durchbringen.

Wenn wir uns aber in die Denkhüte hineinversetzen, lassen wir unser Ego außen vor und ermöglichen so eine neutrale und objektive Betrachtung eines Themas.

Der Ablauf dieser Methode ist so gestaltet, dass die gesamte Gruppe sich in denselben Denkmodus hineinversetzt – also gemeinsam einen Hut aufsetzt – um so von jeder anwesenden Person die Ideen aus dem konkreten Modus herauszukitzeln.

Der positive Effekt hierbei ist, dass der Gedankengang eines Denkhutes entlanggeschritten wird, ohne dass er regelmäßig von den Sorgen eines anderen Denkhutes gestört wird. Außerdem erhalten so alle Gruppenmitglieder die Möglichkeit, sämtliche Sichtweisen einzunehmen und ihre Gedanken zu teilen.

Die Denkhüte sind nicht auf die Anwendung in Gruppen beschränkt, sondern können auch als Einzelperson angewendet werden, um sämtliche Seiten eines Themas zu beleuchten.

Dies ist auch für Einzelcoachings ein enormer Vorteil:

Losgelöst aus seinem „persönlichen Denkmodus“ kann die Klientin1 sämtliche Ideen und Richtungen verfolgen, ohne in diesem Moment Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Farben

Markiert hat De Bono die Denkhüte mit verschiedenen Farben:

○ Der WEISSE Denkhut steht für Objektivität und Neutralität.

Er interessiert sich für Zahlen und Fakten, sammelt bereits vorliegende Informationen oder benennt solche, die noch fehlen.

○ Wut und Ärger werden vom ROTEN Denkhut repräsentiert.

Er vertritt den emotionalen Blickwinkel und gibt so den Gefühlen den notwendigen Raum. Diese müssen daher auch gar nicht gerechtfertigt werden, da sie durchaus eine Existenzberechtigung haben. Der rote Hut kommt auch zum Einsatz, wenn wir uns auf unsere Intuition verlassen müssen, weil bspw. der weiße Denkhut keine klaren Informationen liefern kann.

○ Der SCHWARZE Denkhut ist vorsichtig und umsichtig bei Entscheidungen und kann daher als Richter angesehen werden.

Er versetzt das Problem in einen düsteren und ernsten Rahmen in dem Gefahren, Schwierigkeiten und Probleme dominieren. Der schwarze Hut vertraut der Logik, daher müssen Ideen unter diesem Denkhut umsetzbar und mit Vorgaben im Einklang sein.

○ Optimistisch und hoffnungsvoll ist der GELBE Denkhut.

Er ist positiv und freundlich und damit das genaue Gegenteil zum Richter. Unter dem gelben Denkhut werden Vorteile, Nutzen und Werte gesucht, die ebenfalls begründet werden müssen. Es geht dem gelben Denkhut ausschließlich um positive Aspekte.

○ Kreativität und neue Ideen werden vom GRÜNEN Denkhut eingeworfen.

Er steht für Gras, Vegetation und reiche Ernte. Hier werden neue Wege erschlossen, Ideen entwickelt und Innovationen begutachtet. Logik oder Begründung sind beim grünen Hut nicht notwendig – hier ist quasi alles erlaubt. Vor allem dient er auch dazu, die Probleme und Gefahren des schwarzen Denkhuts zu berichtigen und ggf. auszuhebeln.

○ Der BLAUE Denkhut hat die Kontrolle über den Prozess – und ist dabei völlig emotionslos.

Als Farbe des Himmels steht er über dem Problem, übernimmt die Organisation des Prozesses und beruft die verschiedenfarbigen Hüte ein. Im Anschluss an den Austausch der Gruppe wird der blaue Denkhut nächste Schritte festlegen, Entscheidungen einfordern und ToDos verteilen.

Die Denkhüte nach De Bono, eigene Grafik, angelehnt an: https://www.consulting-life.de/6-huete-methode/

Durchführung der Methode im Coaching

Auch wenn die Methode ursprünglich als Gruppenprozess konzipiert wurde, ist sie auch für Einzelpersonen einsetzbar – so also auch im Systemischen Coaching.

Besonders hilfreich sind die „Six Thinking Hats“ also, wenn das Thema einer Klientin ein Brainstorming verlangt oder ein Problem oder eine Idee von verschiedenen Seiten beleuchtet werden soll.

Besonders Coachees, die zu sehr konfusen und ausgiebigen Denkprozessen neigen und alle Möglichkeiten abwägen, können sich mithilfe der Denkhüte einen Überblick verschaffen, um das Thema klarer zu sehen.

Im Coaching Prozess mithilfe der Methode De Bonos sollte vorab klar sein, um welches Thema sich das Brainstorming dreht:

Welches Ziel soll im CoachingProzess erreicht werden, bzw. auf welches „Problem“ möchte die Klientin aus verschiedenen Blickwinkeln draufschauen?

Sobald dies geklärt ist, erläutert der Coach die De Bono Methode und lädt die Klientin dazu ein, die verschiedenen Hüte nacheinander aufzusetzen.

Wichtig ist dabei zu erklären, dass dies noch keine Entscheidung für das Thema hervorruft, sondern lediglich eine Methode des Brainstormings ist.

Erst am Ende wird die für die Klientin beste Lösung formuliert und ggf. der erste Schritt in diese Richtung festgelegt.

Um die verschiedenen Positionen besser verinnerlichen zu können, bietet es sich während des Coachings an, tatsächlich im Raum unterschiedliche Standpunkte einzunehmen.

Beispielsweise kann sich die Klientin auf farblich markierte Stühle setzen und von dort aus das Brainstorming aus der entsprechenden Denkhut-Perspektive durchführen. Auch können farbige Metaplan Karten ausgelegt werden, auf die sich die Klientin draufstellen soll.

Ebenso können verschiedenfarbige Hüte zum Aufsetzen bereitliegen.

Natürlich funktioniert die Methode auch ohne dieses sogenannte Embodyment, bei einer klassischen Eins-zu-Eins Situation auf gegenüberstehenden Stühlen. Wichtig ist, dass die Klientin sich mit der ausgewählten Variante wohl fühlt.


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1Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text auf das Gendern verzichtet und lediglich die weibliche Form verwendet. Gemeint sind alle Geschlechterdimensionen.