Ego-States – Modellvorstellung

Abschlussarbeit von Stefan Corsten, als PDF lesen


Das Modell der Ego-States

Das Modell der Ego-States kommt ursprünglich stärker aus der Therapie als aus der Richtung des Coachings.

In den letzten Jahren hat es vor allem im Bereich der Traumatherapie an Bedeutung gewonnen.

Das Konzept der Ego-States beruht dabei auf der Annahme, dass wir Menschen uns weniger als eine Person-, dafür mehr als eine Persönlichkeit verstehen sollten, die sich aus verschiedenen (Persönlichkeits-)Anteilen zusammensetzt.

Diese Anteile nennen wir Ego-States.

Die Sichtweise der Ego-State-Therapie geht weg vom isolierten- hin zu einem multidimensionalen Selbst.

Grundlage der Ego-State-Therapie

Die Wurzeln der Ego-State-Therapie finden sich in den Erkenntnissen über Dissoziation, die im Wesentlichen auf Pierre Janet zurückgehen, sowie in den psychodynamischen Ansätzen von Helen und John Watkins.

Ebenso hatten die hypnotherapeutischen Ansichten von Milton. H. Erickson einen Einfluss auf die Entwicklung des  Modells. (vgl. Fritzsche S.10)

Was sind Ego-States?

Watkins und Watkins definieren einen Ego-State folgendermaßen:

Ein Ich-Zustand kann definiert werden als ein organisiertes Verhaltens- und Erfahrungssystem, dessen Elemente durch ein gemeinsames Prinzip zusammengehalten werden und das von anderen Ich-Zuständen durch eine mehr oder weniger durchlässige Grenze getrennt ist.
(vgl. Watkins und Watkins, S.45)

Während ein Ego-State in dieser Definition schnell mit einer sozialen Rolle verwechselt werden könnte, unterscheidet den Ego-State dabei, dass dieser ebenfalls vorrangig durch einen emotionalen Zustand oder durch ein bedeutsames Lebensereignis geprägt sein kann.

Auch sind uns die meisten Ego-States im Gegensatz  zu unseren sozialen Rollen meist nicht bewusst. Dies betrifft oft vor allem diese Persönlichkeitsanteile, die wir nicht akzeptieren, geheim halten oder ablehnen. (vgl. Fritzsche S.33)

Eine Definition, die diesem Umstand gerechter wird traf dazu Claire Frederick:

Ego States sind

Energien der Persönlichkeit, die aus der Interaktion mit der Umwelt entstanden sind und oft der Notwendigkeit entspringen, Probleme zu lösen oder Konflikte zu bewältigen.

und weiter:

„Sie sind kreative Ausgestaltungen sowohl des Gehirns als auch der Persönlichkeit im Bemühen des menschlichen Organismus, durch die Welt zu kommen, in der er lebt. Jeder Ich- Zustand besitzt seine eigenen Körperempfindungen, Erinnerungen, Fantasien und Verhaltensweisen, und er hat auch seine eigenen Wünsche, Träume und Bedürfnisse.

Ich-Zustände stehen in ähnlicher Beziehung zueinander wie Familienmitglieder.

Obgleich sie voneinander getrennt sind, tauschen sie doch Informationen aus, stehen in ständiger Kommunikation, weisen sich Rollen zu, verfolgen gemeinsame Projekte, Zwecke und Ziele. Wie in Familien kann es auch hier Grüppchen und Allianzen geben und ebenfalls Feindseeligkeiten und Konflikte.“ (vgl. Claire Frederick S.19)

Definition eines Ego-States

Damit wir einen Ego State auf dem Papier definieren können, eignen sich lt. Fritzsche folgende Fragen:

– Hat der Ego-State eine bestimmte Gestalt?

– Hat er einen Namen?

– Wann kam er in das Leben der Patientin?

– Welche Funktion hat der Ego-State?

– Wie erfüllt er seine Aufgabe?

– Wie ist sein Zustand und welche Bedürfnisse hat er?

– Hat er Kenntnisse über weitere Ego-States und, wenn ja, wie sehen die Beziehungen zu ihnen aus?

– Kann und will er sich an einem Veränderungsprozess beteiligen oder nicht?

(vgl. Fritzsche S.35)

Merkmale von Ego-States

Jedem State können bestimmte Merkmale zugeschrieben werden.

Um einen Zugang zu den States zu finden und diese wirkungsvoll und unterstützend in den Prozess einzubeziehen, ist es hilfreich, diese Merkmale zu definieren.

Laut Fritzsche haben Ego States folgende Merkmale:

– Ihre eigene Geschichte

– Ein eigenes Alter

– Einen eigenen Charakter

– Eigene Bedürfnisse

– Eine eigene Wahrnehmung

– Eigene Affekte

– Ihre eigene Funktion

– Eigene Fähigkeiten

– Eigene Symptome

(vgl. Fritzsche S.37)

Ferner führt er aus: Ego States…

… sind gekommen um zu helfen (um die Anpassungsfähigkeit zu erhöhen)

… lassen sich nicht eliminieren

… versuchen, ihre Existenz zu bewahren bzw. zu sichern

… können wachsen, lernen und sich entwickeln.

… treten unterschiedlich in Austausch zu anderen, sie können auch isoliert sein.

… Können untereinander Konflikte erleben bzw. erzeugen.

… Können miteinander in Kontakt treten.

(vgl. Fritzsche S. 38)

Ziele der Ego-State-Therapie

Im Folgenden möchte ich kurz die Ziele der Ego State Therapie lt. Fritzsche (S. 61-68) beschreiben. Diese behalten auch als Bestandteil eines Coaching Prozesses ihre Gültigkeit.

Kontakt zu den Inneren Anteilen erlangen

Ein Ziel des Modells der Ego-State-Therapie ist es, generell den Kontakt zu den verschiedenen Persönlichkeitsanteilen herzustellen.

Wie gut das gelingt, ist häufig von vielfältigen Faktoren abhängig, die häufig im Zugang des Klienten begründet sind.

Die Reaktionen auf den Kontakt  mit diesen Ego States können über positive Reaktionen wie Überraschung, Neugier und Erleichterung bis hin zu negativen Reaktionen wie Angst oder Ablehnung reichen.

Aufbau der Kommunikation mit den verschiedenen Anteilen

Ein weiteres Ziel besteht darin, eine respektvolle Kommunikation mit den Anteilen aufzubauen, die einen  Weg in Richtung Verständnis und Kooperation ermöglicht.

Das Ziel zwischen Coach und Klient ist es gemeinsam neue Sichtweisen zu entwickeln und neue Erfahrungen zu machen.

Akzeptanz und Annahme herstellen

Dieser Schritt besitzt eine große Bedeutung für den Klienten.

Unangenehme oder störende Persönlichkeitsanteile werden häufig vom Klienten abgelehnt und ihre gute Intention, sowie ihr Beitrag zum Gesamtbild wird übersehe.

Diese gute Intention gilt es herauszustellen und es damit dem Klienten zu ermöglichen, eine stärkere Akzeptanz gegenüber dem Persönlichkeitsanteil aufzubauen und ihn als wertvollen Bestandteil in seiner früheren und auch heutigen Funktion zu sehen.


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